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(Mouseover für Erläuterungen)
O
O Herr, er will mich fressen...rufen wir scherzhaft bestürzt aus, wenn jemand in Gesellschaft mit weit aufgerissenem Mund herzhaft gähnt: Das apokryphe Buch des Tobias berichtet, wie jener auf seiner Reise am Fluß Tigris anlangt, wo ihn ein großer Fisch erschreckt und er ängstlich ausruft: »Quem expavescens clamavit voce magna dicens Domine invadet me« - »Fur dem erschrack Tobias vnd schrey mit lauter stimme vnd sprach: O Herr, er wil mich fressen«. (Tobias 6:3)
O Jemine!Als Bekundung des Mitleids, Entsetzens oder der Überraschung hat dieses Wort seinen Ursprung in »O Jesu Domine!«, der lateinischen Anrede »Herr Jesus«. Daraus wurden Stoßseufzer wie »O Jemine!«, »Oje!« oder »Herrje«.
Oberhand gewinnen...bedeutet, eine turbulente Situation für sich zu entscheiden, ein gerade entstehendes Chaos noch zu verhindern: Ringkämpfer versuchen, die »Oberhand« über ihren Gegner zu bekommen - wer jenen mit einer Hand niederhält und die andere oben hat, gewinnt die »Oberhand« und den Kampf. Die Redensart ist in vielen Sprachen bekannt, »To get the upper hand« heißt es im Englischen, der Franzose sagt: »garder le haut main«.
Oberwasser habenDieses Wort aus der Zeit der Wassermühlen meint, daß jemand einen Vorteil gewinnt oder in eine bessere Lage kommt: Man sprach von »Oberwasser«, wenn das gestaute Wasser, das von oben auf das Mühlrad geleitet wurde, dieses mit aller Kraft antrieb.
ObolusDer Begriff, der bis heute für einen kleinen Betrag, eine Spende oder ein Trinkgeld gebraucht wird, kommt vom griechischen »obolós«, dem »Spieß«, der über das lateinische »obolus« ins Deutsche gelangte: Kurioserweise bezeichnete der Ausdruck ursprünglich einen kleinen eisernen Bratspieß - da die ersten Münzen einfach nur kleine spitze Metallstückchen waren, wurden sie ebenfalls als »Spieß« bezeichnet.
Als nach der griechischen Mythologie König Phaidon von Argos im 8. Jahrtausend a.C. handlichere Münzen ausgab, erhielten sie diesen Namen. Sechs dieser kleinen Münzen mit einem Wert von 8 »Chalkoi« ergaben eine »Drachme«, 6.000 Drachmen stellten den Gegenwert eines attischen »Talents« dar. Den Toten wurde ein »Obolus« unter die Zunge gelegt, als Lohn für den greisen mythischen Fährmann Charon, der sie über den Acheron, den sumpfigen Fluß im Hades, brachte. Charon ließ nur die Seelen jener in sein Boot einsteigen, die die Begräbnisriten empfangen hatten und deren Überfahrt mit einer solchen Münze bezahlt worden war. Jene, die kein Begräbnis erhalten hatten und denen er den Zutritt in sein Boot verwehrte, waren dazu verdammt, 100 Jahre am Styx zu warten. Verwandte des »Obolus« sind übrigens »Obelisk« und »Obelix«.
OdysseeDer griechische Dichter Homer (8. Jahrhundert a.C.), schildert in der »Odyssee« die zehn Jahre lang dauernden Irrfahrten des griechischen Helden Odysseus nach Ende des Trojanischen Krieges, bevor er schließlich zu seiner Gattin Penelope nach Ithaka heimkehrt. Heute bezeichnen wir so eine lange Irrfahrt oder abenteuerliche Reise.
Offene Türen einrennen...heißt bildlich, unerwartet auf keinerlei Widerstand zu stoßen, wenn man versucht, jemanden von einer Sache zu überzeugen, der ohnehin längst derselben Meinung ist.
Offener BriefChristian VIII., König von Dänemark und Herzog von Schleswig und Holstein, erklärte in einem »offenen Brief« vom 08. Juli 1846, daß die Erbfolge in Schleswig dem dänischen Königsgesetz von 1665 unterliege. Berühmt wurde dieser Brief, weil er der erste dieser Art und Bezeichnung war.
Oh mein Gott/Oh Gott, oh Gott...rufen wir aus, um Bestürzung, Verwunderung oder Bedauern auszudrücken: Ein Mißgeschick, dessen Ursache wir oft nicht gleich verstehen, ist schnell passiert - mit diesem Wort rufen wir eine geheimnisvolle höhere Macht an, von der von der wir uns Hilfe in unserer Not erwarten. Bei der in letzter Zeit nachgerade inflationären Verwendung vor allem im Amerikanischen hat man allerdings mehr und mehr den Eindruck, daß die meisten Leute sich gar nichts dabei denken, wenn sie diese ursprünglich religiöse Formel als vermeintliches Modewort in fast beliebigem Kontext mißbrauchen.
Ohne Fleiß kein PreisNur wer arbeitsam ist, sich entsprechend bemüht, wird dafür entlohnt werden:
In seinem frühesten Lehrgedicht »Erga kai hemerai« (Werke und Tage) erklärt der altgriechische Dichter Hesiod (um 700 a.C.) seinem arbeitsscheuen Bruder Peres, daß Göttervater Zeus nichts vom Handeln der Menschen entgeht und die Bösen bestraft werden - den Rechtschaffenen aber Segen zuteil wird. Das Rechte zu tun bedeutet allerdings Arbeit und Mühe, denn:
»Vor den Verdienst setzten den Schweiß die Götter, die unsterblichen, lang aber und steil ist der Weg zu ihm hin« (286f.).
Auch der römische Dichter Quintus Horatius Flaccus (65-8 a.C.) formulierte einst ganz ähnlich:
»Nil sine magno vita labore dedit mortalibus« - »Nichts hat das Leben den Menschen ohne große Anstrengung gegeben« (Saturæ 1,9,59).
Daraus entwickelte sich im Laufe der Zeit das vielzitierte Sprichwort. Also: »Ohne Arbeitsintensität kein pekuniär ausgedrückter Wert der Ware«.
Ohne Moos nichts los...beklagen wir, daß man ohne Geld nicht viel machen kann, um viele seiner Ziele zu erreichen, immer genügend Geld haben muß. Der umgangssprachliche Ausdruck kommt aus dem Jiddischen über das Rotwelsche, in dem es seit dem 18. Jahrhundert belegt ist, »moes«, das seinerseits dem Hebräischen »mā'ōt« - »Kleingeld, Münzen« entstammt.
Ohne Netz und doppelten Boden...verlassen wir uns ohne weitere Vorbereitung auf unser Wissen und Können. Die Redensart kommt natürlich aus dem Zirkus: Hochseilakrobaten spannen ein Sicherheitsnetz unter sich auf, ohne den doppelten Boden seines Zauberkastens würde kaum ein Kunststück gelingen... Durch den Verzicht auf solche Absicherungen betont man das Vertrauen in die eigene Leistung.
Ohne Punkt und Komma...redet jemand pausenlos. Nicht nur, daß wir Satzzeichen zwischen den Wörtern ohnehin nicht mitsprechen - wer »ohne Punkt und Komma« redet, tut dies nachgerade zwanghaft, kann sich in seiner Geschwätzigkeit kaum bremsen, findet kein Ende.
Ohne Rücksicht auf Verluste...setzen wir etwas durch - koste es, was es wolle. Die Wendung kommt aus der Soldatensprache und bezieht sich ursprünglich auf einen riskanten militärischen Einsatz, bei dem eine große Anzahl Verwundeter und Gefallener auf beiden Seiten in Kauf genommen wird. Ein Offizier, der einen solchen Befehl gibt, handelt unmenschlich und rücksichtslos.
Ohrenschmaus...nennen wir einen unserem Gehör besonders angenehmen musikalischen Leckerbissen, eine Melodie, die uns metaphorisch ähnlich wie ein üppiger lukullischer Genuß beglückt.
OhrfeigeEigentlich ein lecker Stück Obst - und doch eine so schmerzhafte Angelegenheit. Im Mittelalter war »fegen« noch gleichbedeutend mit »schlagen, jemandem einen Streich versetzen«. Das wandelte sich im Laufe der Zeit schließlich in »feige« - blieb aber eher symbolisch und ehrverletzend als wirklich gefährlich.
Der deutsche Dichter Friedrich Rückert (1788-1866) kleidet ein passendes »Rätsel« in Reime:
»Es ist der Name einer Frucht,
Die zwar dem Gaumen wohlbehagt;
Doch wo sie sich dem Ohr vereint,
Da wird darüber nur geklagt;
Und wer sich die gefallen läßt,
Der ist das, was der Name sagt«.
OhrwurmManchmal hören wir eine Melodie, die so eingängig ist, daß wir unwillkürlich mitsummen müssen, sie uns lange nicht aus dem Sinn geht. Bildlich drücken wir aus, daß die Musik wie ein »richtiger« Ohrwurm - eigentlich auch kein Wurm, sondern ein Fluginsekt - im Schlaf in den Gehörgang und bis ins Hirn hineinkrabbelt und dort sein Unwesen treibt. Das tun die völlig harmlosen Ohrwürmer (Dermaptera), die in der Antike pulverisiert als Medizin gegen Ohrenkrankheiten und Taubheit verordnet wurden, - auch wenn manche Menschen noch bis heute daran glauben - natürlich nicht wirklich. Das Ganze hat vielmehr eine neurologische Grundlage: Je weniger Nervenzellen benötigt werden, um einen Akkord zu erkennen, desto eingängiger ist die Melodie. Diese einfachen Muster wiederholen sich dann ständig im Gehirn.
Okay, O.K....ist einer der Etymologie-Rekordhalter: In der Indianersprache »Algonkin« bedeutet »okeh« eine Zustimmung oder einen Gruß. Nach anderen soll der amerikanische Präsident Andrew Jackson (1829-37) - wahlweise auch ein deutscher Drucker in Amerika - die Anfangsbuchstaben für »all correct« falsch geschrieben haben. Wieder andere meinen, das Wort soll von US-Präsident Martin Van Buren (1837-41) als Werbung für den OK-Club (Old Kinderhook) verwendet worden sein. Noch andere glauben, damit habe man ausgezeichneten Rum aus den Kolonien, »aux cayes« (an den Kais), bezeichnet. Der soll so gut gewesen sein, daß man dies auf andere Dinge übertrug. Nach »Kluge, Etymologisches Wörterbuch« erschien es zuerst 1839 in der »Boston Morning Post«. Dann gibt es noch diese Legende: Im Krieg wurden die Verluste und Verwundeten des Tages auf einer Tafel festgehalten. Dabei stand »killed« (»K« abgekürzt) für einen Verlust. Die besten Resultate waren natürlich »0 Killed - OK«, keine eigenen Verluste. Dies sprach sich »Oh kay« und wurde zum Synonym für Erfreuliches, im Sinne von »Alles in Ordnung«. Eine weitere Deutung wäre das griechische »ola kala« - eine wortwörtliche Analogie. Und es gibt sicher noch weit mehr als diese sieben Etymologien...
Oktoberfest...nennen wir das größte Volksfest der Welt, das alljährlich 16 Tage lang in der letzten September- und ersten Oktoberwoche gefeiert wird. Die »Wiesn« auf der Münchner Theresienwiese geht zurück auf das Hochzeitsfest des späteren Königs Ludwig I. mit Therese von Sachsen-Hildburghausen, anläßlich dessen am 12. Oktober 1810 ein Pferderennen mit Bierausschank und Tanz veranstaltet wurde. Das zweite Oktoberfest 1811 verband sich mit einem Landwirtschaftsfest, wie es noch heute im zweijährigen Turnus der Fall ist.
Olle KamellenDer Ausdruck »Kamelle« ist niederdeutsch und kommt von der Kamille: Deren Blüten waren schon im Mittelalter für ihre Heilkraft bekannt und wurden deshalb gesammelt und gelagert. Wenn die Kamille aber zu lange lag, verlor sie ihre Heilkraft, wurde »oll«, war uninteressant und nicht mehr zu gebrauchen. Mit den kölschen Bonbons hat das Ganze allerdings nichts zu tun.
OnkeleheMeint das uneheliche Zusammenleben, mit dem Hintergrund, daß eine Witwe ihre Rente aus der früheren Ehe nicht verliert.
Operation gelungen, Patient tot...lästern wir, wenn trotz perfekter Durchführung das eigentliche Ziel nicht erreicht wird, wenn etwas nach erfolgter Reparatur nicht wie vorgesehen oder gar nicht mehr funktioniert - meist, um uns über den Mißerfolg des anderen lustig zu machen.
Operettenstaat...nennt man einen unbedeutenden Zwergstaat, der größten Wert auf repräsentativen Pomp und Prunk legt: Im 19. Jahrhundert war es Mode, schöne Uniformen und großartige Staatsanlässe auf der Bühne dazustellen - andererseits wurden Monarchen wie Ludwig II. von Bayern zunehmend entmachtet. So wurde das Bild des Staates in der Operette seit den 1860er Jahren auf wirkliche Staaten übertragen, die sich der damals angestrebten Einigung zum Nationalstaat widersetzten. Der »Operettenstaat« war so als bürgerlicher Spott gegen aristokratischen Eigensinn - durchaus mit versteckter Bewunderung zu verstehen.
OsterhaseEierlegende Hasen sind seit dem 17. Jahrhundert bekannt. Der Genuß von Eiern war während der Fastenzeit verboten, also führte die Kirche im 12. Jahrhundert »geweihte« Eier ein, die am Tag der Auferstehung Jesu verzehrt werden durften. Seither gilt das Ei als Symbol der Auferstehung.
Otto NormalverbraucherDas männliche Pendant zu »Lieschen Müller« und »Erika Mustermann«, Inbegriff des statistischen Durchschnittskonsumenten, kommt vermutlich von dem Hinweis »nur für Normalverbraucher«, der seit Kriegsbeginn im September 1939 im Deutschen Reich mit verschiedenen Kategorien bis hin zum »Schwerstarbeiter« auf Lebensmittelmarken üblich war. »Otto Normalverbraucher« war anno 1948 auch der von Gerd Fröbe (1913-88) gespielte Held in dem Film »Berliner Ballade« von Robert Stemmle (1903-74). Produzent des Filmes war übrigens Heinz Rühmann (1902-94). Heute symbolisiert »Otto Normalverbraucher« ein vorhersagbares, konsistentes, berechenbares Konsumverhalten - so jedenfalls die Meinung der Marktforschung...
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