3950 Sprichwörter, Redewendungen, Idiome, geflügelte Worte



Gehe zu: A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z


(Mouseover für Erläuterungen)

Z

Zäh wie Leder...ist umgangssprachlich jemand, der ein besonderes Durchhaltevermögen besitzt oder etwas, das einfach nicht kaputtzukriegen ist - manchmal kann sogar ein Stück Fleisch »zäh wie Leder« sein.
Die Wendung geht ursprünglich natürlich auf das widerstandsfähige und belastbare Material für Schuhe und Bekleidung zurück, das gegenüber gewöhnlichen Stoffen wesentlich länger hält. Eher traurige Berühmtheit erlangte sie durch den ehemaligen Reichskanzler Adolf Hitler (1889-1945), der in seiner Nürnberger Rede vom 14. September 1935 vor 54.000 Hitlerjungen sein vielzitiertes Erziehungsideal verkündete: »In unseren Augen, da muß der deutsche Junge der Zukunft schlank und rank sein, flink wie Windhunde, zäh wie Leder und hart wie Kruppstahl«.

Zähne zeigen...wir, bereit zum Widerstand, und ahmen dabei redensartlich den Hund nach: Indem der seine Zähne fletscht, zeigt er einfach, daß er selbige hat und bereit ist, sie auch einzusetzen. Diese Drohgebärde reicht oft schon aus, um den Gegner nachhaltig einzuschüchtern.

Zahn der Zeit...ist eine Metapher für die zerstörende Kraft der Zeit, dafür, daß etwas alt wird und irgendwann verschleißt. Schon in den in den »Metamorphoseon libri« (Bücher der Verwandlungen) des römischen Dichters Publius Ovidius Naso (43 a.C.-17) heißt es: »tempus edax rerum« (die Zeit, die alles verschlingt). William Shakespeare (1564-1616) schreibt in dem Theaterstück »Maß für Maß«:

 »O! Solch Verdienst spricht laut; ich tät ihm Unrecht,
  Schlöß ich's in meiner Brust verschwiegne Haft,
  Da es verdient, mit erzner Schrift bewahrt
  Unwandelbar dem Zahn der Zeit zu trotzen«.

ZampanoDer Begriff steht oft als Synonym für jemanden, der alle Fäden in der Hand hat - oder zu haben scheint: Ursprünglich war er eine der drei Hauptfiguren aus Federico Fellinis (1920-93) Melodram »La Strada« (Das Lied der Straße, 1954). Anthony Quinn (1915-2001) spielt hier einen Wanderkünstler, einen grobschlächtigen, gewalttätigen Prahler, der sich lautstark in Szene setzt und mit viel Tamtam Eindruck schinden will. Seinen Mitmenschen versucht er weiszumachen, er könne gar Unmögliches möglichmachen. Er kauft das schüchterne, naive Straßenmädchen Gelsomina (Giulietta Masina, 1920-94) ihrer Mutter ab und zieht mit ihr durch das Nachkriegs- Italien. Die Einzige, die ihn liebt, nutzt er rücksichtslos aus und stößt sie schließlich vor den Kopf...

ZankapfelIn der griechischen Mythologie wird Eris, Göttin des Streits und der Zwietracht, nicht zur Hochzeit von Peleus, Sohn des Königs Aiakos von Aigina mit Thetis, Tochter der Meeresgottheiten Nereus und Doris eingeladen. In ihrer Wut, von dem Fest ausgeschlossen zu sein, wirft sie daraufhin einen güldenen Apfel mit der Aufschrift »der Schönsten« unter die himmlischen Hochzeitsgäste. Dies entfacht - wir ahnen es - einen handfesten Streit unter den anwesenden Göttinnen Hera, Athene und Aphrodite. Paris, der Sohn des Königs Priamos von Troja, sollte die Entscheidung treffen. Er erklärte die Liebesgöttin Aphrodite vor Athene und Hera zur Schönsten (Parisurteil) und hat fortan zwei mächtige Feindinnen, die den Trojanischen Krieg und letztlich den Untergang Trojas auslösten.

Zapfenstreich...nennen wir ein seit dem 17. Jahrhundert in europäischen Armeen übliches Signal, um den Soldaten das befehlsmäßige Ende des Ausgangs anzuzeigen. Im 16. Jahrhundert wurde der Ausschankschluß in Berliner Kneipen durch Trommler verkündet, denen ein Amtsdiener folgte, der auf jeden Zapfhahn einen Kreidestrich machte, sodaß man sofort sah, wenn jemand den Ausschankschluß überschritten hatte. Der öffentliche Ausschank galt als beendet, sobald der Wirt einen Zapfen in das Faß einschlug, um es so zu verschließen. Später gab der »Profos« - der Verwalter der Militärgerichtsbarkeit - mit einem Streich auf den Zapfen eines Fasses das Signal zur Nachtruhe, dann wurde der Zapfenstreich musikalisch - bei der Kavallerie durch Trompetensignale, bei der Infanterie durch Flöte und Trommel - gegeben. Der heute übliche »Große Zapfenstreich« geht auf die Befreiungskriege 1813-15 zurück, ebenso der Brauch, ein kurzes Abendlied folgen zu lassen. König Friedrich Wilhelm III. (1797-1840), fügte ein Gebet hinzu, seit 1922 endet die Zeremonie mit der Nationalhymne.

ZappelphilippIn dieser Geschichte aus dem Kinderbuch »Der Struwwelpeter« geht es um den Knaben Philipp, der am Tisch nicht stillsitzt, mit dem Stuhl kippelt und am Ende mitsamt Tischdecke und Mahlzeit auf die Erde fällt:

 »Ob der Philipp heute still
  Wohl bei Tische sitzen will?
  Also sprach in ernstem Ton
  Der Papa zu seinem Sohn,
  Und die Mutter blickte stumm
  Auf dem ganzen Tisch herum.
  Doch der Philipp hörte nicht,
  Was zu ihm der Vater spricht.
  Er gaukelt
  Und schaukelt,
  Er trappelt
  Und zappelt
  Auf dem Stuhle hin und her.
  Philipp, das mißfällt mir sehr!«

Was bei Heinrich Hoffmann (1809-94) noch als Unart galt, wurde im Laufe der Zeit zur richtigen Krankheit hochstilisiert: Unartige Kinder »leiden« heutzutage an Hyperaktivität oder ADS (Aufmerksamkeitsdefizitstörung), Väter - so überhaupt noch vorhanden - und Mütter können nichts dagegen tun und die Pharmabranche verdient sich dumm und dämlich an ihnen...

Zappenduster...ist es so dunkel, daß man absolut nichts mehr sehen kann; übertragen ist etwas aussichtslos, trübe oder funktionslos - es ist nichts mehr zu machen. Das Wort weht wohl auf das rotwelsche »Zofon«, dieses wiederum auf das jiddische »zophon« - Dunkelheit, Mitternacht - zurück. Es ist also »dunkel wie in tiefster Nacht«. Andere sehen auch eine Anspielung auf den »Zapfenstreich«, nach dem auf den Stuben der Soldaten das Licht ausging und alles dunkel wurde.

Zappzarapp...bezeichnet die rasche, unauffällige Bewegung, mit der etwas weggenommen, entwendet, geklaut wird. Diese unseren slawischstämmigen Mitbürgern nur allzugern kolportierte Einkommensquelle kommt wohl tatsächlich vom russischen »zabrat« - packen, wegnehmen.

ZartbesaitetManche Menschen mit sehr feiner Wahrnehmung fühlen sich nicht wohl in ihrer Haut, leiden als Sensibelchen in einer wenig feinfühligen Welt, zweifeln an sich, oder kommen mit ihrer Rolle nicht gut zurecht: Das Adjektiv bezieht sich ursprünglich auf dünne, empfindliche Instrumentensaiten, die nur sehr vorsichtig bespielt werden können, da sie leicht abreißen. Die Übertragung auf die Empfindsamkeit von Menschen könnte durch den Vergleich dieser Saiten mit Nerven entstanden sein - analog zur »Verstimmung« der Nerven, die man sich als unharmonische Nervenspannung vorstellte. Entsprechend gibt es auch den Ausdruck: »Jetzt werden andere Saiten aufgezogen!«

Zechen»Die Zeche, bitte!« sagt wohl schon lange keiner mehr. Der Satz erinnert an eine vergangene Zeit, da der Kellner noch ein mit Würde ausgeübter Beruf war. Längst ist er von unterbezahlten studentischen Aushilfskräften ersetzt, heute heißt »zechen« nur noch schlicht »saufen« und vielleicht noch »die Zeche prellen«. Das Homonym »Zeche« (vom altdeutschen »zehha«, was für einen gemeinsamen Beitrag stand) ist allenfalls noch im Bergbau bekannt - und wer weiß, wie lange noch...

Zeichen der Zeit...stammen schon aus dem Neuen Testament, Matthäus 16.2f. Als die Sadduzäer und Pharisäer von Jesus ein Zeichen des Himmels einfordern, sagt er ihnen: »At ille respondens ait eis facto vespere dicitis serenum erit rubicundum est enim cælum et mane hodie tempestas rutilat enim triste cælum«? - »Aber er antwortet vnd sprach, Des abends sprecht jr, Es wird ein schoener tag werden, denn der Himel ist rot, Vnd des morgens sprecht jr, Es wird heute vngewitter sein denn der Himel ist rot vnd truebe. Jr Heuchler, des Himels gestalt koennet jr vrteilen? Koennet jr denn nicht auch die Zeichen dieser zeit vrteilen«?

Zeigen, was eine Harke ist...auftrumpfen, jemandem vorführen, wie man etwas richtig macht, ihm energisch die Meinung sagen können wir schon seit dem 16. Jahrhundert, als Johannes Ackermann die Anekdote »Der ungerathene Sohn« (1540) schrieb. Da ist die Rede von einem Bauernsohn, der, nachdem er wohl auf einer langen Reise eine Lateinschule besucht hatte, hochnäsig in seine Heimat zurückkehrt und vorgibt, die Sprache seines Herkunftsortes nicht mehr zu kennen, nicht einmal die Bezeichnung für einfachste Gegenstände, wie eben eine »Harke«. Sein Gedächtnis kehrt aber recht schnell zurück, als er auf eine solche tritt und am Kopf getroffen ausruft: »Verfluchte Harke!« Der Ausspruch bezieht sich also darauf, wie man früher einen dünkelhaften, hochmütigen Menschen zur Räson bringen wollte.

Zeigen, wo der Hammer hängt...bedeutet einerseits, daß sich jemand mit etwas sehr gut auskennt, weiß, wie man es richtig macht - derjenige kennt die richtigen Mittel, demonstriert seine Fähigkeiten, etwas Bestimmtes zu erreichen. Andererseits steht diese Wendung als Synonym dafür, jemanden zurechtzuweisen - man droht ihm übertragen mit dem »Hammer« als bildliche Waffe, demonstriert seine Macht.

Zeigen, wo der Zimmermann/Maurer das Loch gelassen hat...ist eine freundliche, aber bestimmte Aufforderung an jemanden, das Haus oder den Raum zu verlassen. Das »Loch« in der Wand meint natürlich die Tür.

Zeit ist GeldJeder Augenblick, der nichts einbringt, gilt als vergeudete Zeit oder Geldverschwendung. Das wußte schon der nordamerikanische Staatsmann, Naturwissenschaftler und Erfinder Benjamin Franklin (1706-90), als er den sprichwörtlichen englischen Ausdruck »Time is money« anno 1748 in seiner Schrift »Advice to Young Tradesmen« (Ratschläge für junge Kaufleute) popularisierte. Dort ermahnt Franklin: »Remember, that time is money« (Denkt daran, daß Zeit Geld ist). Schon von Diogenes (um 400-325 a.C.) ist das Zitat »Zeit ist eine kostbare Ausgabe« überliefert. Die ganze Crux an der Sache: Wer genügend Geld verdienen will, hat kaum Zeit, es auszugeben - andere haben zwar viel Zeit und Ideen, aber nicht das Geld, sie umzusetzen...

ZerberusDer schreckliche Höllenhund, der den Eingang zum Hades bewacht, hatte drei Köpfe, (nach Hesiod sogar fünfzig) einen Schlangenschwanz, sowie einen Schlangenkopf. Nur wenigen Helden gelang es, ihn zu besänftigen oder zu überlisten. Orpheus verzauberte Zerberus mit seinem Leierspiel, Herkules ergriff ihn mit bloßen Händen und brachte ihn für kurze Zeit aus der Unterwelt in die höheren Regionen. In der römischen Mythologie vermochten die schöne Psyche und der trojanische Prinz Æneas Zerberus mit Honigkuchen zu besänftigen und so ihre Reise durch die Unterwelt fortzusetzen. Der schreckliche Wächter vor dem Reich der Toten wurde so zum Synonym für den grimmigen Türhüter (und Schrecken aller Postboten).

Zeter und Mordio...schrie man im mittelalterlichen Deutschland: Es war vorgeschrieben, daß Opfer einer Straftat einen Hilferuf ausstoßen mußten, damit die Strafverfolgung im rechtlichen Sinne eingeleitet werden konnte. Zeugen waren verpflichtet, auf einen solchen Alarm hin unverzüglich zu Hilfe zu eilen. Das ostmitteldeutsche »Zeter« war so ein Notsignal. Es leitet sich wahrscheinlich ab von »ze æhte her« (zur Verfolgung herbei). Der Hilferuf »Mordio« wiederum, bis ins 19. Jahrhundert gebräuchlich, leitet sich von »Mord« her. Zusammengezogen zu »Zetermordio« eröffneten beide Rufe, vom Ankläger in den Gerichtsaal gerufen, formal eine mittelalterliche Gerichtsverhandlung.
Schon in Eike von Repgows »Sachsenspiegel« von 1224 wird diese Form der Anklage beschrieben: »So laufe er vor den Richter und schreie Zeter gegen den gemeinen Mörder«. Gebräuchlich war »Zetermordio« vor allem im alemannisch-rheinischen Gebiet, im Hessischen rief man »heila«, im Niederdeutschen parallel »to jodute« (zum Kampf heraus), im Fränkischen »wapen« (Waffen), was an den in italienischen Opern (z. B. Verdis »Troubadour«) gebräuchlichen Ruf »all'armi« (zu den Waffen) erinnert. Im 19. Jahrhundert bildete sich dann die Redensart heraus.

Zick-Zack-KursJemand ist mal mit aller Kraft für eine Sache, mal vehement dagegen - immer aber für's eigene Fortkommen: Im Normalfall segelt man mit dem Wind. Man kann aber auch gegen den Wind segeln, indem man in einem »Zick-Zack-Kurs« die Richtung und die Segelstellung von Backbord- Bug auf Steuerbord-Bug wechselt. Ein klarer Kurs ist das nicht, aber man kommt voran...

Zickenalarm...ist als Verhaltensmuster in 95% aller Fälle bei Frauen anzutreffen: Ein völlig nichtiger, selbst subjektiv nicht nachvollziehbarer Anlaß führt zu einer brisanten Mischung aus ohnmächtiger Wut, gekränkter Eitelkeit und lautem Gemecker (hier liegt auch die Verbindung zum unberechenbaren Verhalten junger Ziegen), Kreischen, Heulen und Keifen. So richtig gefährlich wird es dann in einer weiteren Stufe beim Spinnen von Intrigen und der mühsamen Unterdrückung des sinnlosen Zorns.

Zieh Dich warm an...ist nicht immer einfach nur ein mütterlich-wohlmeinender Rat, damit man sich keinen Schnupfen holt. Im entsprechenden Kontext handelt es sich eher um eine Warnung, sich auf eine handfeste Auseinandersetzung, eine unangenehme Erfahrung einzustellen. Wenn es uns ob solcher Drohung »eiskalt den Rücken runterläuft«, fließen beide Bedeutungen wieder zusammen - wir sollten uns bestmöglich gegen die Unbilden des Lebens schützen.

Zieh Leine!Dieser Wunsch, mit dem wir jemandem antragen, er solle möglichst schnell verschwinden, stammt aus der frühen Binnenschiffahrt: Stromaufwärts mußten Schiffe durch Treidelknechte oder Zugtiere von Land aus gezogen - »getreidelt« - werden. Man zog also an der (Zug)leine und bewirkte so, daß das Schiff gegen den Strom vorwärtskam.

ZielwasserEin Schütze verfehlt wieder und wieder sein Ziel und alle sind sich einig: Er hätte wohl besser sein »Zielwasser« getrunken. Beim ländlichen Schützenfest wird im Wettbewerb ein Schützenkönig gekürt. Traditionell vertreiben sich die Schützen vorher ihre Nervosität mit diversen Schnäpsen...

ZifferDas arabische »al cifr«, von dem dieser Ausdruck stammt, bedeutet einfach nur »die Null«. Heute bezeichnet es die Zahlen von 0 bis 9, aus denen alle anderen Zahlen zusammengesetzt sind, häufig werden die Begriffe »Zahl« und »Ziffer« jedoch verwechselt.
Der Franzose Georges Ifrah hat mit »Histoire universelle des chiffres« (Universalgeschichte der Zahlen) einen Bestseller geschrieben, der 2080 Seiten zählt. 20 Jahre hat der ehemalige Mathematiklehrer vor allem der Erforschung des Ursprungs seiner Lieblingszahl, der 0, gewidmet. Ergebnis: die Null taucht erstmals in einer indischen Abhandlung über Kosmologie auf, die auf Montag, den 25. August 458 datiert werden konnte. Dabei ist »die Ziffer Null« ein Pleonasmus.

ZimtzickeIn der Zigeunersprache bedeutete »Zimt« einst »Geld«. Der Ausdruck wandelte umgangssprachlich ins Negative und bekam die Bedeutung von »Schwierigkeiten«. »Zicke« bezieht sich auf das undurchschaubare Verhalten der Ziege, sodaß sich die Bedeutung des Schimpfwortes verdoppelt.

ZinkenDiese meist graphischen Zeichen, aber auch Handzeichen, Pfiffe oder Winke, wurden schon seit Jahrhunderten vom »fahrenden Volk« genutzt. Der Begriff vom lateinischen »signum« (Zeichen, Merkmal, Signal, Symbol, Bild) bedeutet im rotwelschen etwa »Zeichen geben, etwas verraten«. Drücker, Diebe oder Bettler malen noch heute solche Zeichen an Hauswände oder Zäune, um Informationen über die Bewohner weiterzugeben. Auch »gezinkte« Spielkarten sind wohl jedem bekannt.

Zinnober reden/machen...umgangssprachlich Leute, die zu einer Diskussion nur wertlosen Unsinn beitragen, viel unnötiges Aufsehen machen: Im Mittelalter versuchten Alchimisten allerorten künstliches Gold herzustellen. Dafür benutzten sie Quecksilber, das damals als Grundsubstanz aller Metalle galt - gelber Schwefel sollte dazu die goldene Farbe liefern. Doch sie irrten gewaltig: Heraus kam lediglich fast wertloses »Cinnabarit« - Quecksilbersulfid (HgS), das im deutschen Sprachraum »Zinnober« genannt wird.

Zinshühner...hatten Leibeigene und Hörige als jährliche Abgabe an ihren Herrn zu bestimmten Zeiten und Gelegenheiten zu entrichten.

ZipperleinIm 17. Jahrhundert war »Podagra« eine der weitverbreitetsten Krankheiten überhaupt. Daß dies insbesondere auch eine Krankheit der Reichen war, wird unter Berufung auf Camillo Scaliger folgendermaßen erklärt: Das Zipperlein, bestehend aus einer großen Zahl erhitzter Geisterlein, habe zunächst die Bauern angefallen, sich dort aber bei harter Arbeit und schlechter Kost nicht wohlgefühlt. Darauf seien die Geisterlein in der Stadt bei einem reichen Mann eingekehrt, dem der Arzt daraufhin »gute Speis und Trank, ein sanftes Bett, alle Bequemlichkeit und Ehrerbietung, daß ihn ein jeder niedersitzen ließ, wo er hinkam, verordnet«. Das habe dem Zipperlein so gut gefallen, daß es die Bauern verließ und fortan »bei den wollüstigen Reichen« blieb.
Der mittelalterliche Begriff, den wir heute für eine besonders wehleidige Person verwenden, stand ursprünglich für die Gicht, eine Krankheit vor allem der Reichen. Im Laufe der Zeit hat sich die Bezeichnung auf Gebrechen aller Art, insbesondere Krankheiten und Wehwehchen bei Älteren, ausgeweitet. Schon die alten Griechen und Römer kannten die Symptome, die besonders nach dem Verzehr opulenter Speisen auftraten. Der Begriff »Zipperlein« (vom mhdt. »zippern« - trippeln, vorsichtig gehen) bezieht sich auf die trippelnden Schritte eines Erkrankten bzw. auf dessen Nachäffung durch Gesunde.

Zitronenfalter...können - auch wenn der Name sich redlich müht, dergleichen zu suggerieren - KEINE Zitronen falten! Der »Gonepteryx rhamni« ist nichts weiter als ein ganz gewöhnlicher gelber Schmetterling.

Zittern wie EspenlaubEspen oder Zitterpappeln haben ziemlich kleine, leichte Blätter an langen, dünnen Stielen, die schon beim geringsten Windhauch in Bewegung geraten. Daher galten im Volksglauben Espen und ihr Laub als Symbol der Furcht und des Bangens. Auch sind Legenden überliefert, nach denen die Espe zitterte, weil das Kreuz Christi aus ihrem Holz gezimmert worden sei.

ZockenDas Synonym für »Glücksspiel betreiben« kommt aus dem Jiddischen: »Zachkenen« oder »zchocken« bedeutet hier »spielen«. In Deutschland wird schon seit dem späten 19. Jahrhundert »gezockt«.

Zu allem »Ja und Amen« sagen...wir gelegentlich, wenn große Veränderungen anstehen und wir mit allem einverstanden sind, nicht überredet oder überzeugt werden brauchen oder wenn wir feststellen müssen, daß rationale Erwägungen ohnehin nichts mehr dagegen ausrichten können und wir einfach nur unsere Ruhe haben wollen. Die Redensart ist eigentlich ein verkürztes Bibelzitat. Im 2. Brief an die Korinther (1.20) schreibt der Apostel Paulus über Jesus: »Quotquot enim promissiones Dei sunt in illo est ideo et per ipsum amen Deo ad gloriam nostram« - »Denn alle Gottes verheissung sind Ja in jm, vnd sind Amen in jm, Gott zu lobe, durch vns«.Aus dieser so lebensbejahenden Einstellung wurde im Laufe der Zeit die Ablehnung ewig angepaßter Ja-Sager. Auch eine andere Deutung bezieht sich auf das »Buch der Bücher«: Im alttestamentarischen Deuteronomium (27.14-26), beauftragt Mose die Leviten in einer großen Abschiedsrede, zwölf Verbote über Israel auszurufen. Das Volk bestätigt jedes einzelne: »Et dicet omnis populus amen« - »Vnd alles volck sol antworten vnd sagen Amen«. Hier werden heimlich begangene Verbrechen unter den Fluch Gottes gestellt: Was ein irdisches Gericht nicht verurteilen kann, wird von ihm geahndet. Mit seinem »Ja und Amen« bekennt sich Israel zu Gottes Willen, stellt sich unter seinen Schutz.

Zu guter Letzt...kommt - anders, als man zunächst glauben mag - nicht von »zuletzt«, sondern von der »Letzt«, einem Abschiedsmahl und bedeutete auch »Abschied, Abschiedsgeschenk«. Das Substantiv hat sich nur in dieser Wendung bis heute erhalten, die soviel besagt wie »ganz zum Schluß, schließlich doch noch«. Früher sagte man auch »sich letzen« und meinte damit »sich gütlich tun, ein Ende mit etwas machen«, woraus schließlich irgendwann das »letzte gemeinsame Mahl« wurde.

Zu Herzen nehmenAllzu sensible Menschen nehmen sich Kritik oft (zu) sehr zu Herzen - sie können sie nicht gut wegstecken, weil sie kein so dickes Fell haben. Der Prophet Jesaja im Alten Testament stellt resigniert fest, daß das Volk unbeeindruckt von Gottes Strafen ist: »Et effudit super eum indignationem furoris sui et forte bellum et conbusit eum in circuitu et non cognovit et succendit eum et non intellexit« - »Darumb hat er vber sie ausgeschut den grim seines zorns vnd eine Kriegsmacht vnd hat sie vmbher angezündet; aber sie merckens nicht vnd hat sie angesteckt. Aber sie nemens nicht zu hertzen« (Jesaja 42:25).

Zu Kreuze kriechenIm Mittelalter war es Brauch, am Gründonnerstag oder Karfreitag als Zeichen besonderer Buße auf den Knien zum Kirchenkreuz zu kriechen. Dies wurde auch als Geste der Demut gegenüber der Kirche bzw. Jesus Christus gesehen. Heutzutage wird die Demut als demütigend verstanden, »kriecht man zu Kreuze«, gibt man unter demütigenden Umständen nach.

Zu Potte kommen...geht auf etwas zurück, das heute kaum noch jemand kennt: den Nachttopf. Hatte man auf diesem Pott seine Verrichtung erledigt, hatte man etwas fertiggemacht, man war also »zu Potte gekommen«. Heute meint der Spruch allgemein, daß endlich etwas abgeschlossen, fertig wird.

Zu schön, um wahr zu sein...sagen wir manchmal skeptisch, wenn uns etwas denn doch zu unglaubhaft, zu unwahrscheinlich vorkommt. Nur allzu oft ist es nur oberflächliches Geschwätz oder nichts als billige Ausreden, was uns jemand als DIE Innovation oder Reform verkaufen will und das sich dann alsbald schlicht als Mogelpackung entpuppt. Nicht nur Politiker wissen ein Lied davon zu singen - ursprünglich stammt dieser Spruch aus dem Refrain eines Liedes, das die Schauspielerin Lilian Harvey (1906-68) als Handschuhmacherin Christel Weinzinger in dem ersten großen deutschen Revuefilm »Der Kongreß tanzt« aus dem Jahre 1931 sang:

 »Das gibt's nur einmal, das kommt nicht wieder,
  das ist zu schön, um wahr zu sein!«
  (Text: Robert Gilbert, Musik: Werner Richard Heymann)

Zuckerbrot und Peitsche...ist ein - nur bedingt erfolgreiches - Führungs- und Erziehungskonzept von quasi gleichzeitiger Belohnung und harter Bestrafung, eine Metapher für »mal freundlich, mal streng sein«.
Die Wendung, deren eigentlicher Ursprung bis in die Sklavenzeit zurückgehen soll, als in den Zuckerohrplantagen Südamerikas die Sklaven mit der Peitsche angetrieben und mit Karamel belohnt wurden, wird oft auch im Zusammenhang mit dem ersten Reichskanzler Otto von Bismarck (1815-98) genannt, der im Deutschen Reich eine Sozialgesetzgebung mit Kranken-, Unfall-, Invaliditäts- und Altersversicherung einführte, um parallel dazu durch die »Sozialistengesetze« die Arbeiterbewegung zu unterdrücken.

Zünftig...nennt der Bajuware eine kräftige Brotzeit nebst einer Maß Bier unter dem »Weißblauen Himmel«: Das Wort geht auf die mittelalterlichen Zünfte, in denen sich die Handwerker einer Stadt organisierten, zurück. Sie stellten die Regeln der jeweiligen Handwerksberufe auf, hatten aber auch soziale, kulturelle und militärische Aufgaben. Mindestens einmal jährlich fand auch ein Zunftmahl statt, ein geselliges Beisammensein der Handwerker, das besonders »zünftig« - mit viel Essen und Trinken - begangen wurde.

Zünglein an der Waage...ist oft ein ausschlaggebender Umstand oder eine Person in einer sonst ausgewogenen Situation, in der auch ein kleines »Gewicht« manchmal große Wirkung haben kann. Die metaphorische Wendung bezieht sich auf das »Zünglein«, den kleinen Zeiger an einer Apothekerwaage, bei der in die eine Waagschale der zu wiegende Gegenstand, in die andere Gewichte gelegt werden, und das bei ausgewogenen Waagschalen in der Mitte einer Skala steht.
Die wohl berühmteste Waagschale hält Justitia, die römische Göttin der Gerechtigkeit in der Hand.

Zugpferd...nennen wir jemanden, der in seiner Branche beispielgebend ist, der sich kräftig »ins Zeug legt«, auch einen »Lockvogel«. Der Begriff geht auf die Pferdezucht zurück: Als »Zugpferd« bezeichnet man eigentlich Arbeitspferde, die auf Zuglast spezialisiert sind, wie beispielsweise den Acker- oder den Droschkengaul und das Brauereipferd, zumeist große schwere Kaltblüter.

Zuhälter...kommen ursprünglich von »zuhalten, geschlossen halten, sich aufhalten« und meinte einst einen außerehelichen Geliebten. Dirnen wurden früher auch als »Zuhälterinnen« bezeichnet. Bekannt ist das Wort seit dem 19. Jahrhundert.

Zukunftsmusik...nennen wir umgangssprachlich Projekte, deren Realisierung noch in weiter Ferne liegt. Der Begriff geht auf den Kölner Musikzeitschriftenverleger und Kritiker Ludwig Bischoff (1794-1867) zurück, der im Jahre 1853 auf Richard Wagners (1813-83) kunsttheoretische Schrift »Das Kunstwerk der Zukunft« anspielte. Wagner schrieb, daß Musik, Tanz, Dichtung und Baukunst zu einem großen Ganzen zusammenfinden sollten, Bischoff kommentierte in der »Niederrheinischen Musikzeitung« von 1859, № 41 mit den Worten: »All' die Ungegohrenheit, der Schwindel, all' die Eitelkeit, all' die Selbstbespiegelung, all' die Trägheit, der Zukunft zuzuschieben, was man selbst leisten müsste, all' die Hohlheit und Salbaderei der ästhetischen Schwätzer - wie schön fasst sich das alles in dem einen Wort ›Zukunftsmusik‹ zusammen«.

Zum Affen machen...sich gelegentlich Zeitgenossen, die sich lächerlich machen, peinlich aufführen, vor anderen bloßstellen. Die Wendung geht natürlich auf unsere pelzigen Cousins zurück, die sich ja bekanntlich auch eher wenig um gesellschaftliche Konventionen scheren und lieber allerlei Kunststückchen zum Besten geben.

Zum aus der Haut fahren...ist gelegentlich etwas, worüber wir uns aufregen, wütend, genervt und kurz davor sind, die Beherrschung zu verlieren: Die Haut, unsere Hülle, die nicht abgestreift werden kann, verbirgt uns vor der Außenwelt. Wer seine Gefühle deutlich zeigt, verläßt bildlich diese schützende Hülle. Die Redensart stand seit dem 16. Jahrhundert für Wut, Schmerz und Ärger - heute ist sie eher zu einer Floskel verkommen.

Zum Barras gehenDer Ausdruck bezeichnet im Landserjargon die Einberufung und leitet sich vermutlich von dem französischen Staatsmann Graf Paul François Jean Nicolas Vicomte de Barras (1755-1829) ab. Jener stand zur Einführung der allgemeinen Wehrpflicht 1795 mit zwei anderen an der Spitze der französischen Republik. Eine weitere Erklärung: Im Jiddischen bezeichnet »baras« eine Art Fladenbrot, welches (später als ›Kommißbrot‹) der Verpflegung der Soldaten diente. Eine zusätzliche Interpretation: Das Militär war ein Ort, wo man sein Brot verdiente.

Zum Haareausraufen...ist etwas Unerträgliches, worüber wir uns sehr ärgern, wütend sind. Die Redensart bezieht sich auf eine alte Klagegebärde: Das Haarausraufen als Teil der Totenklage ist schon in zahlreichen Kulturkreisen seit der Antike belegt. Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (um 1622-76) schrieb in seinem Werk »Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch« einst: »Nachdem ich lang mit jämmerlichem geschrei hin und her geloffen und mich mit haarausraufen übel gebärdet«, in Johann Anton Leisewitz' (1752-1806) Trauerspiel »Julius von Tarent« heißt es anno 1776: »Kurz; meine klagen sind ja nicht das haarausraufen am sarg, es sind ja nur die thränen am grabsteine«.

Zum Halse heraushängen...kann einem manchmal eine besonders langweilige und eintönige Tätigkeit. Diese außerordentlich bildhafte Redewendung ist schnell erklärt: Es stößt einen einfach derart ab, man ekelt sich davor so sehr, daß man es wie eine unangenehme Eßware ausspucken, notfalls gar »nochmal durch den Kopf gehen lassen«, also herauswürgen und erbrechen möchte.

Zum Löffel machen...sich Leute, die sich lächerlich machen: Noch im Mittelalter besaßen die Mehrzahl der Menschen höchstens einen Löffel, um ihren Brei oder die dünne Suppe zu schlürfen. Brot wurde einfach mit den Fingern gegessen, Messer und Gabel waren mangels saftiger Braten also eher unnütz und kamen erst etwa ab dem 18. Jahrhundert bei reicheren Familien in Mode. Die solchen Menschen eigene Überheblichkeit mag dazu geführt haben, daß man sich mit solchem »High-Tech«-Eßbesteck anstatt des üblichen Holzlöffels vom gemeinen Volk abgrenzen und es verspotten konnte.

Zum Narren halten...heißt, jemanden überlisten, irreführen, ihm einen Streich spielen. Schon antike Herrscher hielten sich zu ihrer Belustigung Spaßmacher, auch in Deutschland hatte der Hofnarr seit dem 12. Jahrhundert Tradition. Diese meist sehr intelligenten Leute durften ungestraft die Torheiten anderer nachahmen und verspotten - und wurden selbst Zielscheibe mehr oder weniger gutmütiger Streiche. Mit Narrenkappe und Schellen zogen sie die Aufmerksamkeit auf sich, um durch Verkehrungen des Gewohnten und wortwörtliches Befolgen des Gesagten sowohl ihre Herren zum Lachen zu bringen, als auch scherzhaft verpackt Erkenntnisse und Weisheiten zu vermitteln. Till Eulenspiegel ist der bis heute wohl berühmteste Narr, die Redensart ist in Sebastian Brants (1458-1521) im Jahre 1494 erschienenem »Narrenschiff« belegt.

Zum Stamme Ibo gehören...Menschen, die oft Wendungen wie »ich und die anderen« benutzen. »Ibo« ist ein Akronym aus dem englischen »I before others«. Der Esel nennt sich halt immer zuerst...

Zum Statisten degradiert...werden Leute, die nicht eigenmächtig handeln, nur im Hintergrund stehen und nicht (mehr) in das eigentliche Geschehen eingreifen. Der Begriff kommt aus der Film- und Theaterwelt: Kleindarsteller, die keine tragenden Rollen spielen und meist auch keinen eigenen Text zu sprechen haben, agieren hauptsächlich in der Menge mit anderen und versehen in der Regel nur die einzige Aufgabe, für ein lebendiges Hintergrundbild zu sorgen.

Zum Steinerweichen weinen...Menschen manchmal, wenn sie besonders großes Mitleid hervorrufen. Das Adjektiv »steinern« wird bildlich auch im Sinn von »gefühllos« verwendet. Es müßte schon eine kolossale Kraft sein, die einem Stein etwas anhaben könnte. Ist jemand so tieftraurig, daß er gar einen solchen erweichen könnte, kann wohl das Herz eines Menschen nicht hart bleiben.
Ursprünglich geht der Begriff auf die Sage von Orpheus zurück, dem begnadeten griechischen Sänger, der mit seinem Gesang und seinem Spiel auf der Lyra nicht nur die Götter, sondern auch Menschen, Tiere und Pflanzen betörte. Sogar Steine könne er erweichen, berichtet der Dichter Ovid (43 a.C.-17) in seinen »Metamorphoses«, wodurch es ihm gelang, seine Geliebte Eurydike aus dem Hades zu befreien.

Zum Zug kommen...heißt nicht etwa, daß jemand einen Bahnhof betritt, um zu verreisen, sondern stammt vielmehr aus dem Brettspiel: Bewegen die Spieler ihre Figuren, machen sie einen »Zug« - sie »ziehen« oder sind verallgemeinert »an der Reihe« oder »handeln« einfach.

Zunder geben...wir jemandem, dessen Engagement zu wünschen übrig läßt, den wir antreiben, kräftig zusetzen, Druck machen um etwas zu beschleunigen: Zunder ist ein leicht brennbarer Pilz, der an Bäumen wächst und mit dem unsere Vorfahren einst mittels weniger Funken Feuer machten. In dieser Wendung steht er bildlich für das plötzliche Auflodern von Zorn, auch für das Brennen von Schlägen auf der Haut, im Landserjargon des Ersten Weltkriegs auch im Sinne von »unter Beschuß liegen«.

Zur Brust nehmen...wir uns gelegentlich jemanden, über den wir uns aufgeregt haben, um ihm mal ordentlich die Meinung zu geigen: Bildlich oder gar tatsächlich packen wir die betreffende Person am Revers, um ihr Auge in Auge gegenüberzustehen. Dieser provozierte Distanzverlust, um den Gegner einzuschüchtern, ist aus dem Tierreich bekannt - auch hier ist das Annähern und Anstarren oft der Beginn einer aggressiven Handlung.

Zur Minna machen...empfahl anno 1910 ein bekanntes deutsches Benimmbuch geplagten Haustöchterchen, die sich die verschiedenen Namen der ständig wechselnden Dienstmädchen nicht merken konnten oder wollten. Der Einfachheit halber sollten sie sie immer mit »Minna« ansprechen. Da das Personal seinerzeit nicht immer gut behandelt wurde, bürgerte sich das Synonym für Zurechtweisungen oder ungerechte Behandlungen ein. Die Kurzform von Wilhelmine kommt möglicherweise auch aus dem Rotwelschen von »Inne« (Schmerz, Qual) oder »meannes sein« (demütigen, quälen).

Zur Neige gehen...hin und wieder Sachen, die nur noch in begrenzter Menge zur Verfügung stehen, bald alle sind. Grundlage ist hier der bildliche Vergleich mit einem Krug: Ist dieser noch voll, muß man ihn nur leicht neigen, um etwas auszugießen. Je weniger drin ist, um so schräger muß man ihn halten, der Inhalt geht immer mehr »zur Neige«.

Zur Räson bringen...heißt, jemanden dazu zu bewegen, sich vernünftig, der Situation angemessen zu verhalten. Das sonst kaum gebräuchliche Wort geht auf das französische »raison« (Vernunft, Verstand) zurück.

Zur Salzsäule erstarrenDiese Redewendung stammt aus der Bibel: Lot und seine Familie werden von Engeln aus der verderbten Stadt Sodom geführt. Niemend solle sich umdrehen, so die Warnung der himmlischen Retter, doch Lot's Frau gehorcht nicht Gottes Gebot und erstarrt zur Salzsäule: »Igitur Dominus pluit super Sodomam et Gomorram sulphur et ignem a Domino de cælo et subvertit civitates has et omnem circa regionem universos habitatores urbium et cuncta terræ virentia respiciensque uxor eius post se versa est in statuam salis«. - »Da lies der Herr Schwebel vnd Fewr regenen von dem Herrn vom Himel erab auff Sodom vnd Gomorra vnd keret die Stedte vmb die gantze gegend vnd alle Einwoner der stedte vnd was auff dem Lande gewachsen war. Vnd sein Weib sahe hinder sich vnd ward zur Saltzseule«. (Genesis 19.24ff) Noch heute wird eine Felsformation aus Salzgestein am Ufer des Toten Meeres »Lot's Weib« genannt.

Zur Sau machen...wir heute jemanden, den wir demütigen, beschimpfen, scharf zurechtweisen. Die Wendung spielt nicht etwa auf Homers Odyssee an, nach der Circe Odysseus' Gefährten in Schweine verwandelte, sondern geht auf eine heute eher skurril anmutende mittelalterliche Strafe zurück: Damals setzte man einem Übeltäter schonmal eine eiserne Schandmaske in Gestalt eines Schweinekopfs auf, wenn er sich »unter aller Sau« benommen hatte - er wurde also im wahrsten Sinne des Wortes »zur Sau gemacht«.

Zur Schnecke machen...wir jemanden, wenn wir ihn so einschüchtern, daß sich dessen Selbstwertgefühl - jedenfalls für diesen Moment - auf das Niveau einer Schnecke reduziert: Diese zarten und ängstlichen Tierchen ziehen bei der geringsten Gefahr ihre Fühler ein und sich in ihr Schneckenhaus zurück.

Zur Strecke bringen...Jäger Wild, das sie geschossen haben und legen es der Größe nach aufgereiht auf dem Boden aus. Die Redensart meint dementsprechend, daß wir hinter jemandem her sind, ihn jagen.

Zurandekommen»Etwas bewältigen, erfolgreich beenden« erklärt sich daraus, daß früher häufig »Rand« mit »Land« verbunden wurde. Der Rand war also das erhöhte Ufer eines Gewässers. Die Redewendung meinte ursprünglich »mit dem Boot das Ufer erreichen« oder »anlegen«.

Zurück auf Los...müssen wir, wenn wir uns bei einer Sache irgendwie verrannt haben, es nicht mehr weitergeht, wir nochmal von vorn anfangen müssen. Die Redewendung stammt aus einem der bekanntesten Brettspiele der Welt, dem »Monopoly«, bei dem der Spieler Straßen mit Häusern und Hotels bebaut und seine Mitspieler mit exorbitanten Mieten in den Ruin treibt. Dazu gibt es »Ereigniskarten«, unter anderem mit dem Auftrag: »Gehe zurück auf Los, ziehe keine 4000 Mark ein«.

Zurück zur Natur...wollen heutzutage angeblich manche Menschen, die gegen eine als negativ empfundene technisch-zivilisatorische Entwicklung sind. Das Jean-Jacques Rousseau (1712-78) zugeschriebene Zitat (das jedoch in dieser Form in keiner seiner Schriften zu finden ist) soll auf den Kern von Rousseaus politisch-theoretischer Schrift »Du contrat social ou principes du droit politique« (Vom Gesellschaftsvertrag oder Prinzipien des Staatsrechtes) und den Roman »Émile, ou De l'éducation« (Emile oder über die Erziehung) zurückgehen, wo er die Kindheit als eigenständige Epoche im Leben eines Menschen (»Alter der Natur«) betrachtete und dafür plädierte, dem Kind seinen Freiraum zu lassen, anstatt es zu früh in Pflichten und Konventionen zu zwängen. »Zurück zur Natur!« war also ursprünglich als Erziehungsdevise gemeint.

Zusammenhalten wie Pech und Schwefel...einer Meinung, unzertrennlich sein - was auch immer passiert.
Pech und Schwefel stellen eine Verbindung dar, die besonders lange und intensiv brennt. Vor allem in mittelalterlichen Vorstellungen von der Hölle, die voll von brennendem Pech und Schwefel sein soll, spielen die beiden Stoffe eine große Rolle. In der Bibel kündigt dieser Geruch das Erscheinen des Teufels an, so z.B. in Jesaja 34.9f: »Et convertentur torrentes eius in picem et humus eius in sulphur et erit terra eius in picem ardentem nocte et die non extinguetur in sempiternum ascendet fumus eius a generatione in generationem desolabitur in sæculum sæculorum non erit transiens per eam«. - »Da werden jre Beche zu pech werden vnd jre Erde zu schwebel. Ja jr Land wird zu brennendem Pech werden das weder tag noch nacht verlesschen wird, Sondern ewiglich wird Rauch von jr auffgehen. Vnd wird fur vnd fur wüste sein das niemand dadurch gehen wird in ewigkeit«.
Die Verbindung zur Hölle hat sich im Laufe der Zeit abgeschwächt - im Mittelpunkt steht heute eher die klebrige Substanz des Pechs, symbolisch für einen starken Zusammenhalt.

Zusammenhalten wie zwei Arschbacken...können zwei Menschen, die sich nahezu blind verstehen, perfekt ergänzen, immer einträchtig zusammenstehen und nichts zwischen sich und den anderen kommen lassen. Woher das Bild kommt, muß wohl nicht näher erläutert werden...

Zusammenpassen wie zwei alte Latschen...sollen bildlich zwei Menschen, die schon seit ewig langer Zeit einträchtig zusammenstehen und sich auffallend durch gemeinsame - nicht immer nur positive - Merkmale auszeichnen und nahezu perfekt ergänzen. Einer kann längst nicht mehr ohne den anderen - genau wie ein Paar bequeme alte Pantoffeln, die einzeln ebenso zu nichts zu gebrauchen wären.

Zusammenraufen...sollte man sich tunlichst nach einem Streit oder wenn man sich gerade kennenlernt und in der Zukunft viel Zeit miteinander verbringen muß. Das Synonym für einen Zusammenhalt oder eine Versöhnung leitet sich von der »Raufe« oder Futterkrippe ab, einem Gestell für Heu, Stroh oder Gras, zwischen dessen senkrechten Stäben Waldtiere das Futter mit dem Maul herausziehen. Wo mehrere Tiere versammelt sind und sich das Futter teilen, müssen sie zusammenrücken, sich also »zusammenraufen«.

Zustände wie im alten Rom...beklagen wir heute unmögliche, unhaltbare Zustände. »O tempora, o mores« (Was für Zeiten, was für Sitten) schimpfte schon der Politiker, Redner und Philosoph Marcus Tullius Cicero (106-43 a.C.). Viele Jahre später äußert sich Geschichtsschreiber Gaius Cornelius Tacitus (55-120) ähnlich: »Romam cuncta undique atrocia aut pudenda confluunt celebranturque«. (Nach Rom strömt von überall her Gräßliches oder Beschämendes und wird gefeiert.)
Über die Jahrhunderte verkam das »alte Rom« moralisch mehr und mehr und sank schließlich so tief, daß irgendwann nur noch besonders ausgefallene Skandale - beispielsweise war Messalina (25-48) Kaiserin, Dirne und Bordellbesitzerin in einer Person - Aufsehen erregen konnten.

Zuviel des GutenÜbermaß schadet nur, wußten schon die alten Griechen. Besonders Aristoteles (384-322 a.C.) befaßte sich mit dem richtigen Maß aller Dinge. Im 16. Jahrhundert gab es dagegen zwei Varianten des Sprichworts. Zum einen: »Man kann des Guten nicht zu viel tun«, womit Wohltätigkeit und Barmherzigkeit gemeint waren. Zum anderen hieß es: »Man soll des Guten nicht zu viel tun«, was sich auf den Genuß von Speisen und Alkohol bezog. Letztere Variante ist als Warnung vor jeglicher Übertreibung zu verstehen.

Zwei Doofe - ein Gedanke...heißt es oft, wenn zwei Menschen gleichzeitig dieselben Ideen haben und äußern. Dieses Phänomen liegt nicht wirklich an einer Seelenverwandtschaft oder anderen »übersinnlichen« Dingen, sondern kommt schlicht daher, daß aus einer bestimmten Situation oft zwangsläufig eine bestimmte Folge resultieren muß. Aber manchmal bringt einen so was schon zum Nachdenken...

Zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen...können wir sprichwörtlich, wenn wir einen doppelten Zweck mit einer einzigen Aktion erreichen, zwei Aufgaben auf einmal erledigen. Ursprünglich mag vielleicht tatsächlich einmal ein besonders ungestümer Fliegenfänger gleich zwei Fliegen auf einmal erledigt haben - sie saßen wohl zufällig so nahe beieinander, daß ihm ein einziger Schlag zum doppelten Garaus genügte. Heute meinen wir eher allgemein einen guten Deal, bei dem man etwas erreicht, was man ohnehin erreichen wollte plus einem zusätzlichen Bonus, der - obwohl ungeplant - doch nur zu gern mitgenommen wird. Bis heute unerreicht ist natürlich »Das tapfere Schneiderlein« der Gebrüder Grimm, das gleich »Sieben auf einen Streich« erledigte. Sein Markenzeichen waren die sieben Fliegen, die es mit einem Schlag erwischt hatte. Bei seinen Mitmenschen - im festen Glauben, es seien sieben Spitzbuben gewesen - genoß es daraufhin zeitlebens größten Respekt.

Zwei Seelen wohnen, ach in meiner BrustWir wissen nicht, wie es weitergehen soll. Verschiedene Vorgehensweisen sind möglich, jede hat etwas für sich - aber welche ist die Richtige? Johann Wolfgang von Goethes (1749-1832) »Faust« beklagt in Vers 1112 seine eigene Zerrissenheit. Die Anfangsszene im Studierzimmer rekapituliert dessen gescheiterte Versuche, dem Weltgeheimnis mithilfe von Wissenschaft und Magie auf die Spur zu kommen und endet im verzweifelten Entschluß zum Suizid, der im letzten Augenblick unter dem Eindruck der das Osterfest einläutenden Glocken wieder revidiert wird. Beim anschließenden Osterspaziergang wird Faust seines gespaltenen, zwischen Geistigkeit und irdischen, fleischlichen Genüssen schwankenden Wesens gewahr und er äußert sich gegenüber seinem Famulus Wagner:

 »Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust,
  Die eine will sich von der andern trennen.
  Die eine hält, in derber Liebeslust,
  Sich an die Welt mit klammernden Organen;
  Die andere hebt gewaltsam sich vom Dust
  Zu den Gefilden hoher Ahnen.«

Diesen Konflikt verspricht Mephisto in der darauffolgenden Studierzimmer-Szene zu lösen, fordert aber Fausts Seele als Pfand...

Zweischneidiges Schwert...kannte schon die Bibel: »Vivus est enim Dei sermo et efficax et penetrabilior omni gladio ancipiti et pertingens usque ad divisionem animæ ac spiritus conpagum quoque et medullarum et discretor cogitationum et intentionum cordis«. (Denn das wort Gottes ist lebendig vnd krefftig, vnd scherffer, denn kein zweischneidig Schwert, vnd durch dringet, bis das scheidet seele vnd geist, auch marck vnd bein, vnd ist ein Richter der gedancken vnd sinnen des hertzen.) heißt es in Hebräer 4.12 oder in der Offenbarung 1.16: »Et habebat in dextera sua stellas septem et de ore eius gladius utraque parte acutus exiebat et facies eius sicut sol lucet in virtute sua«. (Vnd hatte sieben Sterne in seiner rechten hand. Vnd aus seinem Munde gieng ein scharff zweischneidig Schwert, vnd sein Angesichte leuchtet wie die helle Sonne.)
»Zweischneidige Schwerter« waren beidseitig geschliffen, sodaß der Kämpfer die Wahl zwischen mehreren Angriffsmöglichkeiten hatte: Er konnte starke Schläge und Schnitte mit der Vorhand sowie Rückhandschläge über Schilder und Abwehren schlagen. Daneben war es ihm möglich, einfach eine stumpfe Klinge im Kampf zu drehen, um weiterkämpfen zu können. Gegenüber dem einfachen, einschneidigen Säbel, Krummschwert oder Messer war dies seinerzeit ein enormer technologischer Fortschritt - heute meinen wir eher allgemein etwas, das gute und schlechte Seiten hat und vorsichtig angegangen sein will.

Zwergenaufstand...nennt der Volksmund es, wenn jemand gegen eine Sache protestiert, ohne dabei auch nur die geringste Aussicht auf Erfolg zu haben. Man ist oft einfach viel zu klein, um gegen andere ernsthaft etwas ausrichten zu können.

Zwiebacksäge...nennt man ein sehr schwachmotorisiertes Moped, das hauptsächlich durch sein hochfrequentes Motorengeräusch auffällt. Diese Zweitakter knattern und kreischen zwar extrem laut, bringen aber dennoch fast keine Leistung - ähnlich einer Kreissäge, mit der man statt Holz eben gerademal ein Stück Zwieback sägen könnte. Der Name kommt ursprünglich von dem »Indianerfahrrad« Jawa Mustang - dem einzigen Fahrzeug, das in der DDR der 70er Jahre freiverkäuflich gehandelt wurde. Klingt komisch, ist aber so: Dieses ab 1972 in der CSSR gebaute Kleinkraftrad mit 49,6 ccm/4 PS- Motor war gräßlich häßlich und besaß praktisch nichts, was man noch hätte weglassen können, ohne die eigentliche Funktion grundlegend zu gefährden. Mit den seinerzeit im thüringischen Suhl produzierten »Simson«-Maschinen konnte die »Zwiebacksäge« ohnehin nicht mithalten - aber das können die allermeisten »modernen« Mopeds ja bis heute nicht...

Zwietracht säen...bedeutet, daß man Streit unter Menschen entfacht, die harmonisch, »einträchtig« miteinander leben, oder aber eine Einigung zu verhindern sucht, wo sie im Konflikt miteinander stehen. Das Wort aus mhd. »zwitraht«, abgeleitet von »entzwei tragen, sich entzweien, uneinig sein«, ist seit etwa 1300 bezeugt.

Zwischen Baum und Borke...steckt umgangssprachlich jemand, der zwei Möglichkeiten hat, in einer schwierigen Lage nicht weiß, wie er sich zwischen den beiden Alternativen entscheiden soll. Er ist eingeklemmt wie eine Axt, die sich beim Fällen eines Baumes zwischen Rinde und Holz verkeilt.

Zwischen den Jahren...bezeichnet seit der Synode von Tours anno 567 das »Dodekahemeron«, die zwölf Tage zwischen dem Weihnachtstag und Dreikönige (heute oft nur noch bis Silvester/Neujahr) und kam einst von Streitigkeiten über den ›alten‹ und ›neuen‹ Geburtstag Jesu.
»Erfinder« der Übergangszeit waren die alten Ägypter, die im 4. Jahrtausend a.C. das Sonnenjahr von 365 Tagen in 12 Monate á 30 Tagen teilten. Die übrigen 5 (im 238 a.C. eingeführten Schaltjahr 6) Tage wurden am Jahresende einfach angehängt. Diesen »13. Monat« schaffte Gaius Julius Cæsar, dessen Julianischen Kalender wir bis heute verwenden, anno 46 a.C. wieder ab, indem er die überzähligen Tage übers Jahr verteilte. Anno 153 a.C. verlegten die Römer den Jahresbeginn vom 1. März (heute noch bei Horoskopen) auf den 1. Januar vor. Das römische Amtsjahr geriet dadurch in Konflikt mit dem christlichen Kirchenjahr, und so feierten die Christen den Tauftag Jesu am 6. Januar als Erscheinung des Herrn und Jahresbeginn. Papst Liberius setzte 354 den Termin der Geburt Christi auf den 25. Dezember fest, den Tag des römischen Sonnengottes Sol. Im 9. Jahrhundert legte die katholische Kirche auch den Jahresanfang auf dieses Datum, sodaß nun zwei Kalender miteinander kollidierten. Im Mittelalter wechselte der kirchliche Neujahrsbeginn mehrmals, bis ihn schließlich Papst Innozenz XII. anno 1691 auf den 1. Januar festlegte. In dieser Zeit durften nur die allernotwendigsten Arbeiten verrichtet werden. Auf dem Land hatte das Gesinde frei, Hausarbeiten mußten ruhen, um kein Unheil heraufzubeschwören und Juristen und Kaufleute verzichteten wegen der Unsicherheiten in der Datierung auf Geschäftsabschlüsse.

Zwischen den Zeilen...lesen heißt, »geheime« Botschaften in einem geschriebenen Text erkennen, die der Autor dort versteckt hat, den tieferen Sinn von Andeutungen erfassen, der sich nicht immer unmittelbar aus dem Geschriebenen ergibt, sondern nur indirekt durch logische Schlußfolgerung und Interpretation erschlossen werden kann. Politiker, Werbedesigner und Personalchefs haben diese Art zu schreiben zur wahren Wissenschaft perfektioniert. Allerdings ist die Gefahr auch recht groß, etwas zu lesen, das da gar nicht steht. Ursprünglich kommt dieser Phraseologismus aus dem hebräisch/jüdischen: In einer handschriftlich verfaßten Thorarolle durfte kein Fehler durchgestrichen werden. Deshalb wurden Korrekturen oder Erläuterungen »zwischen den Zeilen« geschrieben. Die Zeilenabstände waren dementsprechend groß.

Zwischen Hammer und Amboß...gerät jemand zwischen zwei Fronten oder zwei Parteien und wird dort bildlich mit der Wucht eines Schmiedehammers zerquetscht. Diese Redensart war schon im 2./3. Jahrhundert bei den alten Griechen bekannt, der niederländische Theologe und Philologe Erasmus Desiderius von Rotterdam (1465-1536) gebrauchte die lateinische Form »Inter mallum et incudum«.

Zwischen Pest und Cholera wählen...heißt, sich zwischen zwei gleichgroßen Übeln entscheiden müssen, eine Situation, in der man eigentlich - wie dereinst schon bei Homers »Scylla und Charybdis« - keine wirkliche Wahl hat. Wie man's macht, macht man's verkehrt: Egal wofür man sich entscheidet, es kommt nichts Gutes dabei raus, man zieht immer die »Arschkarte«. Das wissen natürlich auch Politiker, die gewählt werden wollen wie der frühere US-Außenminister Dean Acheson (1893-1971), der einst meinte: »In wichtigen Fragen hat man meist zwischen Pest und Cholera zu wählen«.

Zwischen Tür und Angel...erledigen wir heute etwas in aller Eile, »auf die Schnelle«, nur flüchtig und oberflächlich.
Im 14. Jahrhundert, als diese Redewendung wohl entstand, meinte sie noch »in der Klemme, in Bedrängnis sein«. Jeder, der sich einmal einen Finger in dem schmalen Spalt »zwischen Tür und Angel« eingeklemmt hat, weiß, wie schmerzhaft das ist und daß auf der anderen, der Schloßseite der Tür gar der ganze Körper viel mehr Platz gehabt hätte.
Im 16. Jahrhundert wandelte sich die Bedeutung dann zu »nicht aus noch ein wissen, ratlos sein«. Sebastian Franck (1499-1542) weiß in seiner Sammlung »Sprichwörter, schöne, weise Klugreden« zu erklären: »Zwischen thür vnd angel soll sich niemand legen. Die liebe muß zanckt haben, aber in väter, mütter, kinder vnd guter freund krieg soll sich niemand legen, sie werden wol on dich eins« (Frankfurt a.M. 1548, S. 161). Auch Johann Christoph Adelung (1732-1806) deutet in seinem »Grammatisch-kritischen Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart« den Ausdruck »Zwischen Thür und Angel seyn, oder stecken« mit »sich zwischen zwey gleich unangenehmen Fällen befinden« (Band 1. Leipzig 1793, S. 301).
Erst seit dem 19. Jahrhundert etwa verwenden wir das Bild, quasi schon auf der Türschwelle stehend, die Klinke in der Hand und im Gehen begriffen, noch schnell etwas ohne die eigentlich gebotene Aufmerksamkeit erledigen zu wollen.

Zwischen zwei Stühlen sitzen...Leute, die sich im Interessenkonflikt zwischen zwei oder mehreren Möglichkeiten nicht für eine Seite entscheiden können, vor einem Problem mit zwei Lösungen stehen, die beide nicht ideal sind. Der Ursprung für dieses Dilemma steckt wohl in dem lateinischen Sprichwort »Duobus sellis sedere« - Auf zwei Stühlen sitzen -, das sich im Laufe der Zeit zur heutigen Form verändert hat.

Zyniker...gehen zurück auf die »Kyniker«, Angehörige der vom athenischen Philosophen Antisthenes (um 444-368 a.C.) begründeten Schule »Cynosarges«. Diogenes von Sinope (um 400-325 a.C.) wurde mit dem Spitznamen »Kyon« (Hund) bedacht - möglich, daß »Kyniker« auch davon abgeleitet sein könnte. Die Kyniker meinten, die Zivilisation sei ein künstlicher, unnatürlicher, verachtenswerter Zustand und setzten sich für eine Rückkehr zum natürlichen, einfachen Dasein ein. Man könne nur durch Unabhängigkeit das vollkommene Glück erlangen, da Reichtum und Luxus nicht das wahre Gute sei. Daher lebten die Kyniker ausgesprochen asketisch und sahen die Enthaltsamkeit als das Mittel menschlicher Befreiung an. Ihnen lag weniger an der Befriedigung natürlicher Bedürfnisse, als an der Nichtbefriedigung der künstlichen. Erst viel später bekam »zynisch« die Bedeutung von Bitternis und des Nichtglaubens an Ideale.



© tantalosz webdesign 2007 - 2024