3950 Sprichwörter, Redewendungen, Idiome, geflügelte Worte



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Rabatz machenDieser ohrenbetäubende Lärm entstammt der einstigen Seemannssprache: Lautmalerisch deutet »Rabatz« auf den großen Krach hin, den die Kette macht, wenn der Anker gesetzt bzw. eingeholt wird. Das nannte man »Rabatz im Kettenkasten«.

Rabenaas...nennt man ursprünglich einen niederträchtigen Menschen, einen Schurken, der ob seiner Missetaten am Galgen zum Fraß für die schwarzen Vögel geendet ist.

Rabeneltern...nennen wir gemeinhin Väter und Mütter, die sich ihren Kindern gegenüber lieblos verhalten, sie gar vernachlässigen. Diese negative Beurteilung geht auf falsche Beobachtungen zurück: Einst meinte man, Raben würden ihre unbeholfenen Jungen einfach aus dem Nest werfen. Das Gegenteil ist jedoch der Fall: Junge Raben verlassen aus eigenem Antrieb ihr Nest, bevor sie fliegen können, die »Rabeneltern« füttern und schützen die Nestflüchter noch wochenlang. Auch die Bibel erwähnt hungrige, von ihren Eltern verstoßene Rabenjunge. In einer Rede Gottes zu Hiob heißt es: »Quis præparat corvo escam suam quando pulli eius ad Deum clamant vagantes eo quod non habeant cibos« - »Wer bereit dem Raben die speise, wenn seine Jungen zu Gott ruffen vnd fliegen jrre wenn sie nicht zu essen haben«? (Hiob 38.41) Daraus zogen Bibeldeuter den falschen Schluß, schon im Alten Testament sei gesagt, daß die Raben ihre Jungen vernachlässigten. Ab Mitte des 16. Jhd. findet sich der stets negativ gemeinte Begriff dann auch in Erziehungsratgebern wieder.

Rache ist Blutwurst...sagt der Volksmund und kürzt dabei ab: Rache ist wie Blutwurst, denn man kann sie sowohl heiß (spontan), als auch kalt (später, abwartend) genießen. Die Herkunft bleibt unklar, sicher ist: Rache kann oft sehr blutig ausgehen - eine Assoziation mit der Blutwurst drängt sich hier förmlich auf. Mancher vermutet bei dieser scherzhaften Ableitung von »Rache ist süß« einen Zusammenhang mit William Shakespeares (1564-1616) blutrünstiger Tragödie »Titus Andronicus«, in der der Titelheld seine Widersacher tötet und aus Rache zu einer Pastete verarbeitet.

Rache ist süß...sagt das Sprichwort, sie bringt dem Rächer süße Genugtuung - die für den Verursacher durchaus sehr bitter sein kann. Jemanden zu bestrafen, der unser Vertrauen mißbraucht oder uns sonstwie geschädigt hat, bringt uns in aller Regel zwar keinen direkten persönlichen Nutzen - aber es aktiviert das sogenannte »dorsale Striatum« (ein Belohnungszentrum im Gehirn) und löst dadurch tatsächlich eine Euphorie in uns aus.

Radebrechen...heißt, eine Sprache nur lückenhaft beherrschen, gebrochen sprechen und geht ursprünglich auf die mittelalterliche Folter des »Räderns« zurück, bei der ein Verurteilter auf ein Rad gebunden und ihm dort auf grausame Weise alle Knochen gebrochen wurden. Später entwickelte sich aus dem mittelhochdeutschen »radebrechen« (auf dem Rad brechen) übertragen »eine Sprache gebrochen sprechen«.

RadfahrerJemand, der seine Vorgesetzten umgarnt und die Untergebenen quält - der Vergleich liegt nahe: Obenherum buckelt der Radfahrer, um möglichst wenig Luftwiderstand zu bieten, unten tritt er kräftig in die Pedale, um schnell voranzukommen. Das Buckeln erinnert an Unterwüfigkeit, das Treten an Abreagieren an Untergebenen.

RadlerAuch wenn das »Radler« tatsächlich viel älter ist - es soll, so ist es überliefert, sehr heiß gewesen sein an einem Samstag im Juli 1922. Wie immer schenkte Gastwirt Franz Xaver Kugler in seiner »Kugler Alm« in Oberhaching vor den Toren Münchens fleißig Bier aus und ahnte irgendwann, daß sein Bier nicht reichen würde für die vielen ausgedörrten Kehlen. Das edle Naß mit Wasser zu verdünnen, hatte der Wirt zuviel Gottesfurcht im Herzen, aber vielleicht würde das Bier, mit Zitronenlimonade verlängert, den Durst noch besser löschen? So machte er sich daran und siehe da, die neugeschaffene Getränkekomposition fand Anklang bei den vielen Ausflüglern, die mit dem Fahrrad gekommen waren - und so war sie erfunden, die Radlermaß und hat, auch wenn dies nur eine Legende bleibt und niemand den wahren Ursprung kennt, seitdem einen Siegeszug durch die Kehlen der ganzen Welt angetreten...

Rädelsführer...nennen wir heutzutage einen Anstifter oder den Chef einer Gruppe, die rechtswidrig handelt. Das war nicht immer so: Im 16. Jahrhundert war ein »Rädlein« die kreisförmige Formation einer Rotte Landsknechte, die allerdings oft außerhalb regulärer Truppenverbände stand, wodurch das Wort schon damals - obwohl eigentlich noch neutral verwendet - einen negativen Beigeschmack bekam. Im Frühneuhochdeutschen wurde der ursprüngliche »Rädlein(s)führer« zum »Rädelsführer« als Anführer eines herrenlosen Trupps, der schließlich dysphemistisch auf alle Anführer von Revolten, Aufständen, Verschwörungen oder ganz allgemein kriminellen Banden angewendet wurde und bis heute durchaus strafschärfend angesehen wird.

Rammdösig...ist umgangssprachlich jemand, der irgendwie benebelt, duselig, verwirrt daherkommt. Ein »Ramm« war im Althochdeutschen ein Schafbock oder Widder, das englische »ram« erinnert bis heute daran. Schafe, die ja ohnehin nicht als übermäßig intelligent gelten, können den ganzen Tag lang fast regungslos dastehen wie betäubt und stumpfsinnig vor sich hindösen - wenn jemand »rammdösig« ist, wirkt er wie solch ein »dummes Schaf«, das wohl etwas zu lange in der Sonne gestanden hat.

Rattenfänger...nennen wir Leute, die mit scheinbar unpolitischen Angeboten versuchen, andere für ihre eigenen Ideologien zu begeistern. Der Begriff geht natürlich auf den »Rattenfänger von Hameln« aus einer der bekanntesten deutschen Sagen zurück, der im Jahre 1284 den Hamelnern versprach, die Stadt von einer großen Rattenplage zu befreien. Der spielte auf seiner Flöte eine Melodie, die Ratten und Mäuse sammelten sich um ihn, er ging er aus der Stadt hinaus in die Weser und der ganze Haufen stürzte ins Wasser und ertrank. Als aber die Bürger sich von ihrer Plage befreit sahen, verweigerten sie ihm den versprochenen Lohn, sodaß er später in Gestalt eines Jägers zurückkehrte, abermals auf seinem Pfeifchen spielte, diesmal aber nicht Ratten und Mäuse, sondern alle Kinder der Stadt zum Ostertore hinaus in einen Berg führte, wo er mit ihnen auf Nimmerwiedersehen verschwand.

Ratzen...möchten wir manchmal den lieben langen Tag und nicht mehr aufwachen. Dieses Synonym für »tief schlafen« geht nicht auf die sehr aktive Ratte zurück, »Ratz« ist ein süddeutscher Name für den Siebenschläfer, der einen ausgiebigen Winterschlaf hält. Auch der Iltis wird im Volksmund Ratz genannt und auch er ist nach der Jagd einem Schläfchen nicht abgeneigt.

Rauhbauz...nennt der Volksmund fast schon liebevoll jemanden, der eine eher rüde, polternde Art hat, einen Grobian oder Grantler. Das Wort geht wohl auf das niederländische »rabauw, rabaut« (Schurke, Strolch) zurück, das wiederum vom altfranzösischen »ribaud« (zu »riber« - sich wüst aufführen) oder dem mittelhochdeutschen »rīben« (brünstig sein, sich begatten, »reiben«) kommt.

Rausch...nennt der Jäger - abgeleitet vom mittelhochdeutschen »rusch« (Anlauf, Angriff, »ruschen« steht für »rauschen, brausen, sausen, stürmen, eilig umhereilen«) - die Paarungszeit des Schwarzwildes (Sus scrofa) von Anfang November bis Mitte Dezember. Während dieser Zeit kommt es unter den Keilern zu heftigen Hierarchiekämpfen, wobei die starken Keiler jüngere durch ihr Drohverhalten verjagen. Sie vollführen ungestüme Bewegungen, stürmen gegen Konkurrenten an, scharren mit den Hinterbeinen, verspritzen Urin, wetzen die Kiefer, wobei sich häufig Speichelschaum am Maul bildet. Gleichstarke alte Keiler liefern sich heftige, langdauernde Kämpfe, bei denen sie die Umwelt nicht mehr bewußt wahrnehmen. Der Mensch hingegen rauscht nicht. Er hat einen Rausch - eine meist mit veränderter Wahrnehmung, extremer Traurigkeit oder Heiterkeit einhergehende und dem Paarungsverhalten der wilden Schweine oft nicht unähnliche Benebelung der Sinne als Folge der Einnahme psychotroper Substanzen wie ausgiebigem Alkoholgenuß.

Recht und billig»Recht« ist eine große Zahl von Normen, etwas, das den geltenden Grundsätzen entspricht. »Billig« wird erst seit dem 18. Jahrhundert in der Bedeutung »kostengünstig« benutzt. Davor war es gleichbedeutend mit »satzungsgemäß« oder »dem natürlichen Rechtsempfinden entsprechend«. Ein billiger Preis war also ein angemessener Preis. Die alte Bedeutung kennen wir noch aus dem Begriff »etwas billigen«, es also gutheißen.

Recht und schlecht...verrichtet man eine Aufgabe zwar hinreichend, aber eher simpel, gerade eben so.
Das Wort »schlecht« bedeutete ursprünglich »schlicht, einfach, glatt« - man sprach in der Zwillingsformel von »recht und schlecht«, um das Wort zu verstärken.
Schon in der Bibel lesen wir: »Omnis vallis implebitur et omnis mons et collis humiliabitur et erunt prava in directa et aspera in vias planas« - »Alle tal sollen vol werden, vnd alle berge vnd huegel sollen ernidriget werden, Vnd was krum ist, sol richtig werden, vnd was vneben ist, sol schlechter weg werden« (Lukas 3:5).
Erst im 17. Jahrhundert wurde dem Wort die heutige gegensätzliche Bedeutung zugeordnet, doch änderte sich die Redensart nicht mehr.

Reden ist Silber, Schweigen ist Gold...lehrt uns seit Urzeiten das bekannte Sprichwort. Sprache spielt in unserem Leben zweifellos eine zentrale Rolle, aber zuweilen ist Schweigen mehr wert - auf einen verschwiegenen Menschen mehr Verlaß, als auf einen, der (zu)viel plaudert. Schon in der Bibel heißt es: »Stultus quoque si tacuerit sapiens putabitur et si conpresserit labia sua intellegens« - »Ein Narr wenn er schwiege, würde auch Weise gerechnet Vnd verstendig wenn er das maul hielte« (Sprüche 17.28). Der römische Philosoph Anicius Manlius Torquatus Severinus Boëthius (um 475-526) schrieb in seinem Werk »Consolatio Philosophiæ« (Trost d. Philosophie 2, 7, 20 f.): »Si tacuisses, philosophus mansisses«. - »Wenn Du geschwiegen hättest, wärest Du ein Philosoph geblieben«. Im 16. Jahrhundert taucht die Wendung in einer Berliner und Pariser Handschrift auf: »Narratio argentea, Silentium vero aureum est«. Die Weisheit erscheint auch im Talmud: »Ist ein Wort ein Sela wert, ist Schweigen zwei Sela wert«. Johann Gottfried Herder (1744-1803) führte das Sprichwort in den »Zerstreuten Blättern« 1792 in die deutsche Sprache ein: »Lerne schweigen, o Freund. Dem Silber gleichet die Rede, aber zu rechter Zeit schweigen ist lauteres Gold«.

Reden, wie der Schnabel gewachsen istUrsprünglich lautete das seit dem 13. Jahrhundert belegte Synonym für »frei, ohne Hemmungen offen reden, seine Meinung unbeschönigt äußern« noch »singen, wie der Schnabel gewachsen ist«. Der »Schnabel« verweist hier natürlich auf den Singvogel, für den man einst einen Zusammenhang zwischen der Schnabelform und dem jeweiligen Gesang herzustellen suchte.
Erst im 17. Jahrhundert wird das »singen« zum »reden«. Joh. Wolfgang von Goethe (1749-1832) beklagt in »Wilhelm Meisters Lehrjahren« den Verfall der literarischen Sprache mit den Worten: »...wenn man bei anderen Gesellschaften anfing, nur diejenige Prosa vorzutragen, wozu einem jeden der Schnabel gewachsen war«, der Vogelfänger Papageno in Wolfgang Amadeus Mozarts (1756-91) aufklärerischer »Zauberflöte« hingegen singt »Ohne Sprache bin ich wie eingesperrt«. Und heutzutage meint manch Spaßvogel: »Bei der intendierten Realisierung der linguistischen Simplifizierung des regionalen Idioms resultiert die Evidenz der Opportunität extrem apparent, den elaborierten und quantitativ opulenten Usus nicht assimilierter Xenologien konsequent zu eliminieren«.

Reibach machen...bevorzugt Leute, die auf zumeist unredliche Weise, bestimmt aber unverdient einen erheblichen Gewinn verbuchen können. Diese »Beute« stammt vom hebräischen »ribiyt« (Zinsen) ab, das sich wiederum vom jiddischen »Rebbach« oder »Rebbes« herleitet und über das Rotwelsche seit dem 18. Jahrhundert in die deutsche Sprache gelangte.

Reinen Wein einschenken...bedeutet, jemandem unumwunden und unverblümt die volle (möglicherweise unangenehme) Wahrheit zu sagen. Diese Redewendung leitet sich von der Tatsache ab, daß schon im Mittelalter viele Wirte Weine mit Wasser streckten oder mit diversen Zutaten wie Schwefel oder essigsaurer Tonerde panschten, um aus den beschränkten Vorräten noch mehr herauszuholen. Ein Gastwirt, der hingegen »reinen Wein« einschenkte, war ein ehrlicher Mensch, der seine Gäste nicht betrog. Im 16. Jahrhundert entstand die Version »lauteren Wein einschenken«, ab dem 18. Jahrhundert setzte sich die heutige Form durch. Beim (vorläufig) letzten großen Weinskandal in Österreich im Jahre 1985 wurde von einigen Erzeugern unerlaubterweise Glykol, ein dickflüssig öliger und süßer Industriealkohol, der eigentlich als Frostschutzmittel dient, dem Wein beigemischt, um ihm mehr »Körper und Lieblichkeit« zu verleihen.

Reisende soll man nicht aufhalten...erklären wir manchmal im Streit, wenn jemand uns verlassen will und eisern auf seinem Standpunkt beharrt. Im Innersten hoffen wir, er möge doch endlich Vernunft annehmen - aber wir hindern ihn nicht, das zu tun, was er für richtig hält, sind nicht länger bereit, um ihn zu kämpfen. Dieses Sprichwort aus dem 19. Jahrhundert wurde durch den einstigen Bundeskanzler Helmut Schmidt (*1918) berühmt, der in der Bundestagsdebatte vom 17. September 1982 die Wechselabsichten seines Koalitionspartners FDP mit den Worten: »Das wäre nicht so schlecht, Reisende soll man nicht aufhalten« kommentierte. Zwei Wochen später wurde Helmut Kohl (*1930) zu seinem Nachfolger gewählt...

Reiß Dich am Riemen...fordern wir im Militärjargon jemanden auf, sich zusammenzunehmen:
Der »Riemen« ist das in Deutschland 1924 eingeführte, einem Hosenträger nicht unähnliche Tragegestell »Y-Riemen«, bestehend aus einem Rücken- und zwei Brustgurten, die am Koppel der Uniform befestigt werden und an die die verschiedenste soldatische Ausrüstung wie Holster, Patronentasche, Feldflasche, Bajonett etc. eingehängt wird. Da dieses Gepäck unterschiedlich groß und schwer ist, sind die Riemen oft verzogen - damit der Krieger in seiner Bewegungsfreiheit nicht eingeschränkt ist und um die einwandfreie soldatische Optik wiederherzustellen, muß man sich hin und wieder ein wenig »am Riemen reißen«.
Eine andere Deutung: Zugtiere werden durch Reißen am Zügel in die richtige Richtung gezwungen.

Remmidemmi...sagen wir umgangssprachlich zu einem Stimmengewirr, lauter Musik und guter Laune, einer ausgelassenen Fete. Die Herkunft dieses geflügelten Wortes ist recht unklar: Semantisch nahe steht das bairische »Remisuri« (kindliche Ausgelassenheit), das womöglich auf das lombardische »ramadán, rabatán« (Lärm, Tumult) und weiter auf den islamischen Fastenmonat »Ramadan« zurückgeht. Das ebenfalls bairische »Damma« (tun wir) angehängt, ergibt etwa »Trubel machen« und so zumindest den Versuch einer Erklärung.

ReparaturseidelUnter einem »Seidel« versteht man im Süddeutschen einen Bierkrug. Nach einem Zechgelage bedarf es am nächsten Morgen eines »Reparaturseidels«: Man trinkt einen weiteren Seidel, in der Hoffnung, der Kater möge sich trollen. Auch wenn es kaum hilft, den Alkoholpegel wieder anzuheben, gibt man doch dem Körper fehlende Flüssigkeit zurück.

RestaurantUrsprünglich eine Bezeichnung für eine »die Kräfte wiederherstellende Gesundheitssuppe«, die in Paris kurz vor der französischen Revolution in öffentlichen Garküchen den Gästen serviert wurde: Bis zum Jahre 1765 speiste man in Tavernen, Gasthäusern etc. Dann eröffnete in Paris das »Champs d'Oiseau«. Über der Eingangstür stand das lateinische Motto: »Venite ad me, omne qui stomacho laboratis, et ego restaurabo vos« oder auf gut Deutsch: »Kommt zu mir, alle deren Magen knurrt, und ich will euch wiederherstellen«.

RetourkutscheJemandem eine unfaire Behandlung mit gleichen Mitteln zurückgeben. Die ursprüngliche Bedeutung findet man wohl in der Zeit, als noch Kutschen gemietet wurden. Dabei war die Hin- und Rückfahrt (mit derselben Kutsche) billiger, als zwei einzelne Fahrten.

Revolverblatt...nennt der Volksmund geringschätzig die quietschbunten Zeitungen mit den dicken Lettern, die hauptsächlich reißerisch und meist unsachlich von zu vermeintlichen Sensationen aufgebauschten Banalitäten berichten. Der Begriff geht anscheinend auf die Zeitungskomödie »Das Revolverblatt«, ein Theaterstück von Max Barthel (1893-1975) aus dem Jahre 1929 zurück.

Rin' in de Kartoffeln, raus aus de Kartoffeln...sagt man häufig, wenn aufeinanderfolgende Weisungen komplett widersprüchlich sind. Die seit 1881 bezeugte Redensart hat ihren Ursprung in ungeordneten militärischen Manövereinsätzen: Nicht selten wurde der Truppe befohlen, zwecks Tarnung in einen (Kartoffel)acker einzurücken, während bald darauf der Befehl kam, denselben zur Vermeidung von Flurschäden zu räumen...

Ritt über den Bodensee...bezeichnen wir eine sehr gewagte Unternehmung, eine verwegene Tat, ein Vorhaben, von dem uns erst im Nachhinein bewußt wird, wie gefährlich es eigentlich war:
Zugrundegelegt wird dieser Wendung die Ballade »Der Reiter und der Bodensee« des schwäbischen Romantikers Gustav Benjamin Schwab (1792-1850), nach der ein Mann unabsichtlich über einen zugefrorenen See reist, den er für eine baumlose, unbebaute Ebene hält, sich erst danach auf der anderen Uferseite der Gefahr bewußt wird und vor Entsetzen tot vom Pferd fällt.

RoboterDie Vorstellung vom Arbeitssklaven, der alle Plackerei auf sich nimmt, reicht weit zurück: Das Wort »robaten« findet sich schon im Mittelhochdeutschen des 14. Jahrhunderts, wo es »Frondienst leisten« bedeutet. Über das slawische »robota« (Arbeit, Fron, Zwangsarbeit) ist es als »rabotten« auch in unsere Umgangssprache eingegangen. Der Neologismus »Roboter« als Bezeichnung für in Tanks gezüchtete menschenähnliche künstliche Arbeiter wurde 1921 von Josef und Karel Čapek (1890-1938) in dem sozialutopischen Drama »R.U.R«. (»Rossum's Universal Robots«), in dem es um die Entfremdung des Menschen im Maschinenzeitalter geht, »erfunden«. Seither wurde der Roboter durch die Science-fiction-Literatur populär und dabei oft als gefühllos und entmenscht dämonisiert.

Rock 'n' RollDieser Musikstil, der bei unseren Vorfahren in den 1950er Jahren eine Revolution auslöste, heißt übersetzt ganz simpel »Wiegen und Drehen«. Damit sind tatsächlich Hüftbewegungen gemeint - bei »Rock 'n' Roll« handelte es sich einst um einen Slangausdruck für »Geschlechtsverkehr«. Der damit verbundene Tanzstil galt damals deswegen als verrucht.

RohrkrepiererDie übereilte Maßnahme, die in einem katastrophalen Mißerfolg endet, war ursprünglich einst ein Sprenggeschoß, das mit verheerenden Auswirkungen, oft aufgrund heißgeschossener Rohre, schon im Lauf des Geschützes detoniert.

RollmopsGeht wohl auf die Berliner Kreativität der Biedermeierzeit zurück: Der runde, kompakte Mops - damals ein absoluter Modehund - stand wohl mit seiner Kehrseite Namenspate für die um ein Stück Gewürzgurke oder Zwiebel in Essig eingerollten Heringsfilets, die erst im Zuge des wachsenden Eisenbahnverkehrs in größeren Mengen von der Küste ins Landesinnere gelangten.

Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut...lehrt - ausgehend vom lateinischen »Roma non fuit una die condita« - der Volksmund und meint: Große Dinge brauchen Zeit, so wie es seine Zeit braucht, eine Stadt wie Rom aufzubauen. Man muß Geduld haben, darf nichts überstürzen: Der Legende nach wurde die »ewige Stadt« am 21. April 753 a.C. von Romulus gegründet, der zusammen mit Zwillingsbruder Remus am Tiber ausgesetzt, dort von einer Wölfin gesäugt und von einem Hirten namens Faustulus am Velabrum unterhalb des Palatin gefunden und aufgezogen wurde. Schon lange vorher, in der Zeit um 1000 a.C., waren fast alle der sprichwörtlichen sieben Hügel der Stadt bewohnt, aber es sollte noch viele Jahrhunderte dauern - erst um 800 wurden endlich einige latinische und sabinische Dörfer zur Stadt vereinigt. Die Metropole expandierte nun schnell, immer mehr Menschen strömten nach Rom und es wurde immer und immermehr gebaut - doch das alles dauerte eben seine Zeit...

Rose unter DornenDieser bildhafte Ausdruck stammt aus dem Alten Testament: »Sicut lilium inter spinas sic amica mea inter filias« - »Wie eine Rose vnter den Dörnen So ist mein Freundin vnter den Töchtern«. (Hohelied 2.2) Heute noch heben wir so eine Person oder Sache hervor, die sich durch ihre Besonderheit oder auch Schönheit von der Masse abhebt.

Rosenkrieg...nennen wir - basierend auf dem gleichnamigen amerikanischen Film von und mit Danny DeVito aus dem Jahre 1989 - einen heftigen Scheidungskonflikt: In der Geschichte versucht Oliver Rose (Michael Douglas), bei seiner Ehefrau Barbara (Kathleen Turner) eine gütliche Einigung bezüglich des gemeinsamen Hauses zu erreichen, scheitert damit jedoch kläglich. Schließlich eskaliert die Sache, die Einrichtung wird völlig zerstört, am Ende liegen beide sterbend in der Eingangshalle ihres Hauses und Barbara stößt noch im Moment des Todes die ausgestreckte Hand ihres Mannes weg. Der Filmtitel wiederum lehnt sich an die englischen Thronfolgekämpfe der rivalisierenden englischen Adelshäuser York und Lancaster 1455-85 an, die beide in den Wappen ihrer Familien Rosen trugen.

Rosenmontag...bürgerte sich erst um 1830 im Rheinland ein. Zwei Ursprünge sind denkbar: Lange Zeit stand »rasen« für das, was sich direkt vor Beginn der Fastenzeit tat. Man wollte noch einmal allen (insbesondere fleischlichen) Genüssen nachgehen, bevor man dem »Carne vale«, dem »Fleisch Lebewohl« sagte. Möglich ist auch eine Deutung, nach der der Fastensonntag »Lætare«, der 3. Sonntag vor Ostern nach päpstlichem Brauch seit dem 11. Jahrhundert, »Rosensonntag« hieß.

Rosinenpicker...nennt der Volksmund bisweilen jemanden, der sich egoistisch von etwas Bestimmtem nur die interessantesten Anteile sichert und lediglich die Reste anderen überläßt - so, als ob sich jemand nur die Rosinen aus dem Kuchen nimmt, während der trockene Teig übrigbleibt.

Roß und Reiter nennenWir wollen von jemandem klipp und klar wissen, was hinter irgendeiner Anspielung steckt, welche Ziele er tatsächlich verfolgt: Bei mittelalterlichen Ritterturnieren wurden, da nicht jeder die Ritter an ihren Farben und Wappen erkennen konnten, vor dem Kampf die Kontrahenten sowie ihre Pferde namentlich vorgestellt. Aus diesem Bild entwickelte sich im Laufe der Zeit unsere Redewendung.

RoßkurIm »Grimmschen Wörterbuch« ist die »Roßkur« eine »gewagte kur mit ungeheuerlichen mitteln«. Heute versteht man darunter umgangssprachlich eine medizinische Behandlung mit unsanften Methoden oder drastischen Mitteln: Im Mittelalter war der Hufschmied auch Tierarzt und somit für die Behandlung kranker Pferde zuständig. Außerdem konnte er als Bader auch einfache Chirurgie an Menschen vornehmen. Da er Gebisse kranker Pferde behandelte, wurde er bei Zahnschmerzen häufig auch von Menschen herangezogen. Der Ausdruck »Roßkur« geht also vor allem auf das rabiate Zahnziehen der damaligen Zeit ohne Betäubung und mit sehr grobem Werkzeug zurück.

Rot im Kalender anstreichen...ist eine Möglichkeit, sich besonders wichtige oder seltene Termine zu merken. Der Brauch, etwas mit einem Stift auffällig zu markieren, geht schon auf die alten Römer zurück, die Wichtiges wie beispielsweise Überschriften mit roter Tinte schrieben. Bis heute werden Sonn- und Feiertage in unseren Kalendern farbig gedruckt.

Roter FadenDer Begriff wurde 1809 von Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) geschaffen. In den »Wahlverwandtschaften« (2. Teil, 2. Kapitel) schreibt er: »Wir hören von einer besondern Einrichtung bei der englischen Marine. Sämtliche Tauwerke der königlichen Flotte, vom stärksten bis zum schwächsten, sind dergestalt gesponnen, daß ein roter Faden durch das Ganze durchgeht, den man nicht herauswinden kann, ohne alles aufzulösen, und woran auch die kleinsten Stücke kenntlich sind, daß sie der Krone gehören. Ebenso zieht sich durch Ottiliens Tagebuch ein Faden der Neigung und Anhänglichkeit, der alles verbindet und das Ganze bezeichnet«. (Kapitel 4): »Manches Eigene von innigstem Bezug wird an dem roten Faden wohl zu erkennen sein«.
Dieses Bild bürgerte sich schnell ein; so zitiert etwa E. T. A. Hoffmann 1821 in »Die Serapionsbrüder« (8. Abschnitt: »Der Zusammenhang der Dinge«) Goethes »schönen Gedanken vom roten Faden, der sich durch unser Leben zieht und an dem wir, ihn in lichten Augenblicken gewahrend, den über uns, in uns wallenden höheren Geist erkennen«.
Auch der Ursprung des Wortes »Faden« hat sich in der Seemannssprache bis heute erhalten: Aus dem griechischen »petannýnai« und dem lateinischen »patere«, (beides »ausbreiten, sich erstrecken«) wandelte sich das Wort über das lateinische Längenmaß »passum« (Klafter, Schritt) zum althochdeutschen »fadum«, mittelhochdeutschen »vadem« und englischen »fathom«, ein Maß, das bei ausgebreiteten Armen von Fingerspitze zu Fingerspitze reicht. Bei der Marine berechnet man die Tiefe immernoch nach »Faden«.
Goethe wird bei seinem Bild vom durchgesponnenen roten Faden überdies an griechische Parzen und nordischen Nornen gedacht haben, Schicksalsgöttinnen der Mythologie, die die Lebensfäden der Menschen weben und zumessen, kannte sicher auch den »Ariadne-Faden«, das lebensrettende Wollknäuel der kretischen Königstochter Ariadne.
Nicht zuletzt hat dünner roter Zwirn im germanischen Rechtswesen eine wichtige Rolle gespielt: Mit blutigen Fäden, denen man zauberische Abwehrkräfte zuschrieb, wurden im frühen Mittelalter Kult- und Opferplätze »eingefriedet«. So zieht sich der rote Faden wie ein solcher durch die europäische Kulturgeschichte.

Roter TeppichSchon im alten Rom trugen die Cæsaren rote Gewänder. Die Farbe wurde aus dem Drüsensekret der Purpurschnecke gewonnen, wobei für ein Gramm der Farbe c.a. 10000 Schnecken verarbeitet wurden. Selbstredend war diese Farbe sehr teuer, sodaß nur sehr Reiche sie sich leisten konnten. Rollen wir heute jemandem den roten Teppich aus, steckt dahinter noch immer der Gedanke, daß rot die Farbe der Herrscher ist.

RotlichtbestrahlungSpöttisch für Parteipropaganda auf Gewerkschafts- oder Parteiversammlungen der DDR

Rotsehen...geht auf den Stierkampf zurück: Man ging, da Rot im Tierreich häufig eine Reizfarbe ist,früher davon aus, daß der Stier in der Arena wütend auf ein rotes Tuch reagiert. Allerdings sind Stiere farbenblind und reagieren lediglich auf die Bewegung des Tuches.
»Death Wish - Ein Mann sieht rot« war 1974 auch der deutsche Titel des ersten (von fünf) Teiles einer umstrittenen Filmreihe, in der Charles Bronson (1920-2003) sich endgültig auf das Image des Selbstjustiz übenden, knallharten Rächers festlegte und als Architekt wahllos aggressive Jugendliche tötete, nachdem seine Familie Opfer eines brutalen Überfalls geworden war. Dementsprechend meint die Wendung jemanden, der sich nicht mehr unter Kontrolle hat und durch besonders aggressives Verhalten auffällt.

Rotwelsch...ist eine Geheimsprache von Gaunern, die aus einer Mischung von deutschen, jiddischen und jenischen Begriffen, Zigeunersprache etc. entstand. »Rot« bedeutet hier »falsch« (i.S.v. untreu), »Welsch« meint »fremdartig, unverständlich«, also eine »unverständliche, fremde Sprache«. Der Begriff »welsch« findet sich heute noch im »Kauderwelsch« (mit ähnlicher Bedeutung). Die wohl älteste Quelle »Liber vagatorum« wurde um 1528 von Martin Luther erneut herausgegeben.

Rotznase...nennen wir umgangssprachlich sowohl freche, respektlose Kinder, als auch herunterlaufende Farbe - beide gehen natürlich auf das Bild einer verschnupften, laufenden Nase zurück.

Rubbel die Katz'...geht uns etwas leicht und schnell, ohne Umschweife, schwungvoll von der Hand.
Vom Mittelalter bis ins frühe 19. Jahrhundert hinein waren Geldbeutel recht beliebt, die nach dem häufig dafür verwendeten Material und der Form, die manchmal an einen Katzenkopf erinnerte, auch »Geldkatze« genannt wurden. Diese ledernen Gürteltaschen, die um den Bauch gebunden wurden, haben Kaufleute beim Feilschen öfters angefaßt, »gerubbelt«, um sich zu vergewissern, daß noch genügend Münzen darin enthalten sind. »Rubbel die Katz« war wohl eine Aufforderung, sich schneller zu entscheiden, die Börse zu öffnen.

Rüpel...titulieren wir einen respektlosen ungehobelten Menschen mit besonders schlechtem Benehmen. Das Wort, eine alte Kurzform des Namens »Ruprecht«, hat auch einen Zusammenhang mit dem rotwelschen »rubel« (Raufbold, Taugenichts), der wiederum auf den mittellateinischen »ribaldus« (Landstreicher, Schurke) zurückgeht.

Russisch RouletteDieser Ausdruck für eine Sache mit äußerst unsicherem Ausgang geht auf ein makaberes, nicht selten tödlich verlaufendes Glücksspiel zurück: Ein Revolver wird mit nur einer Patrone geladen, die Trommel gedreht, der Lauf an den Kopf gehalten - dann wird abgedrückt. Die Überlebenschancen liegen immerhin bei 5 : 1...
Der Schweizer Schriftsteller Georges Surdez (1900-49) schreibt das »Russisch Roulette« in der gleichnamigen Kurzgeschichte russischen Soldaten im Ersten Weltkrieg zu - das ist jedoch eine reine Erfindung.

Rutsch mir den Buckel runter...bat man den Gegner schon im frühen Mittelalter: Schilde hatten damals auf der Vorderseite sogenannte Schildbuckel. Stürmte der Feind gegen diese Schilde an, wurden sie zur Verteidigung in einer Phalanx aufgereiht. Der Gegner blieb daran hängen, wurde von den dahinter in Deckung stehenden Pikenieren durchbohrt und rutschte (tot) über ebendiesen Buckel zu Boden. Auch trug man diese Schilde beim Marschieren oder beim Erklimmen der Sturmleiter auf dem Rücken. Wurde man vom Feind mit heißem Pech übergossen, konnte dieses »den Buckel herunterrutschen«, ohne daß man sich ernsthaft verletzte. Anders als heute war das also bestimmt kein Ausdruck von Gleichgültigkeit, eher das Angebot eines gewaltsamen Todes.



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