3950 Sprichwörter, Redewendungen, Idiome, geflügelte Worte



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L

Lachen ist gesund/die beste Medizin...geht auf den antiken Glauben zurück, daß Lachen gesund für die Leber sei: Dieses Organ wurde früher als Sitz der Gefühle und Stimmungen angesehen.

Lackaffe...bezeichnet - neben der scherzhaften Anrede für Autolackierer - großspurig-unsympathische Männer, die ihre äußere Erscheinung mit schillernden Modeaccessoirs wie Lackschuhen, glänzenden Stoffen, Haargel und viel Schmuck weit überbetonen, um so ihre eigentliche Dummheit zu kaschieren. Etymologisch eigentlich nicht mit dem Affen verwandt, assoziieren wir dieses affektierte Benehmen dennoch schnell mit unseren tierischen Cousins.

Lächle und sei froh...es könnte schlimmer kommen. Und ich lächelte und war froh - und es kam schlimmer! Was der große deutsche Philosoph und Komiker Otto Waalkes (*1948) hier auf den Punkt bringt, ist tatsächlich oft so: Jemand versucht uns in einer schwierigen Situation aufzumuntern, er hat Erfolg damit und - der Fluch der guten Tat - gerade dann kommt's oft erst so richtig dicke...

Lästermaul...nennt der Volksmund jemanden, der gern über andere herzieht und an allem herumkritisiert. Das Wort geht wohl auf das »Laster« zurück, eine unschöne Angewohnheit, von der man schwerlich lassen kann - auch wenn über die vermeintlichen Laster des anderen zu lästern ja auch wieder ein eigenes Laster ist. Erstmalig kommt das »Lästermaul« in den Sprüchen König Salomos im Alten Testament der Bibel vor: »Remove a te os pravum et detrahentia labia sint procul a te« - »Thu von dir den verkereten Mund vnd las das Lestermaul ferne von dir sein« (Sprüche 4:24).

LaffeDieser eingebildete dumme Mensch ist wahrscheinlich hergeleitet von Löffel, Affe oder Maulaffe. Darüber hinaus ist es auch der schalenförmige vordere Teil eines Löffels, der wohl der hohlen Hand nachgebildet ist. Der Begriff hat sich wahrscheinlich aus dem ahdt. »leffil« (lecken) über »laffan« zu »Laffe« verändert.

Lahme Ente...nennen wir spöttisch einen Menschen, der kein Temperament hat, oder auch ein langsames, schwerfälliges Fahrzeug: Natürlich sind auch »richtige« Enten lahm. Mit ihren Schwimmflossen können sie zwar recht gut schwimmen, aber an Land eben nur gemächlich watscheln.

Lampenfieber...haben wir, wenn wir vor einer Gruppe von Menschen stehen und etwas vortragen sollen. Der Schweiß steht uns auf der Stirn und gähnende Leere dahinter: Dieser Zustand großer Nervosität und innerer Anspannung vor öffentlichen Auftritten ist im Grunde eine normale Erwartungsangst, die jedoch zu einer Blockierung des Erlebnisverlaufs, der Wahrnehmung und des Verhaltens führen kann. Der Ausdruck kommt von den Scheinwerfern, die den Schauspieler anstrahlen, während der Zuschauerraum im Dunkeln liegt. Dies führt oft zu einer gewissen Orientierungslosigkeit, die für das »Lampenfieber« namensgebend war.

Land der Dichter und Denker...nannten wir einst stolz unsere deutsche Heimat und manch einer beklagt, daß dies heute so gar nicht mehr zuträfe. Diesen Mythos begründete 1810 die französische Schriftstellerin Baronin Anne Louise Germaine de Staël-Holstein (1766-1817) in »De l'Allemagne« unter dem Eindruck mehrerer längerer Reisen durch Deutschland, bei denen sie u.a. Goethe, Schiller und Wieland kennenlernte. Sie trug wesentlich zur Verbreitung der deutschen Romantik in der französischen Literatur bei, als sie die Sitten und Gebräuche in einem idyllischen, sentimentalen, tugendhaften Deutschland und seine redlichen, häuslichen, ernsthaften, fleißigen Bewohner beschrieb. Im ›Vaterland des Denkens‹ traf sie jene Menschen, die in ihren Augen Geist und Genie besaßen und die - im Gegensatz zur rationalistischen Aufklärungsphilosophie Frankreichs - nicht vorrangig auf praktischen Nutzen aus waren, kritisiert allerdings auch die Steifheit und Trägheit der Deutschen, ihre Unterwürfigkeit und ihr Obrigkeitsdenken.

Land der unbegrenzten MöglichkeitenIm Jahre 1903 veröffentlichte der Geheime Kommerzienrat Ludwig Max Goldberger (1848-1913), eine schillernde Unternehmerpersönlichkeit und der wohl erste Lobbyist im kaiserlichen Berlin, nach einer mehrmonatigen Reise durch die USA unter diesem Titel ein Buch, das in Deutschland schnell zum Synonym für die USA wurde. Er meinte: »Europa muß wachsam bleiben. Die USA sind das Land der unbegrenzten Möglichkeiten«.

Land gewinnen...heißt umgangssprachlich, sich aus angespannten oder unangenehmen Situationen schleunigst zu verabschieden. Der Ausdruck soll auf Baron Maurice de Hirsch (1831-96) zurückgehen, der die Lage russischer Juden verbessern wollte, indem er Kolonien in Südamerika gründete. Mit hohem Eigenkapital schuf er die »Jewish Colonization Association«, die vielen Familien ein Leben als Landbesitzer in Argentinien ermöglichte. Der Ausruf »Sieh zu, daß Du Land gewinnst« wurde später zu einer antisemitischen Parole.

Landgraf, werde hartDer Historiker Johannes Rothe (um 1360-1434) berichtet über Landgraf Ludwig II. »den Eisernen« von Thüringen (1128-72), einen Schwager Barbarossas, daß dieser recht milde geherrscht habe, sodaß die Mächtigen im Lande übermütig wurden und das Volk tyrannisierten und drangsalierten.
Nach einer Sage von Ludwig Bechstein (1801-60) übernachtete der Landgraf unerkannt in einer Schmiede in Ruhla. Der Schmied habe auf seinen Landesherrn heftig geflucht und schließlich gerufen: »Landgraf, werde hart!« Diese Worte hätten den Landgrafen schließlich bewogen, gegen das Raubrittertum einzuschreiten. Der Sage nach soll er die Missetäter vor einen Pflug gespannt und einen Acker umgraben lassen haben.
Die heutige Form des Sprichwortes stammt aus Wilhelm Gerhards (1780-1858) Gedicht »Der Edelacker« und gilt als Ermahnung, streng gegen Unrecht und Mißstände vorzugehen.

Landpomeranze...nannte man Anfang des 19. Jahrhunderts in Studentenkreisen ein Mädchen vom Lande, das ziemlich unbeholfen war und keine Ahnung von urbaner Etikette hatte; später auch allgemein eine in die Stadt übergesiedelte Dorfschöne mit frischen pomeranzenroten Pausbacken, die seinerzeit ähnlich exotisch war, wie die Pomeranzenpflanze in Deutschland. Wilhelm Hauff (1802-27) schrieb in seinem Werk »Der Mann im Mond« im Jahre 1825: »Nein es war zu unverschämt; bei andern hatte er nach den ersten Präliminarien beinahe ohne Schwertstreich gesiegt, und dieses Landpomeränzchen hatte ihm so imponiert, daß er es nicht wagte, nachdem sie ihn einmal mit Verachtung abgewiesen hatte, noch einmal einen Versuch zu machen«.

Landratte...nennen Seeleute manchmal scherzhaft jemanden, der nicht zur See fährt: Eine Ableitung von der Wasserratte (Myocastor coypus, auch Nutria) ist naheliegend; darüber hinaus bedeutete »ratzen« auch schlafen und das konnte die Landbevölkerung recht ausgiebig tun, während Seeleute nachts an Bord Wache halten mußten und daher nicht selten mit Schlafmangel zu kämpfen hatten.
William Shakespeare (1564-1616) läßt im »Kaufmann von Venedig« (3. Szene) den jüdischen Geldverleiher Shylock sagen: »Aber Schiffe sind nur Bretter, Matrosen sind nur Menschen; es gibt Landratten und Wasserratten, Wasserdiebe und Landdiebe - ich will sagen, Korsaren, und dann haben wir die Gefahr von Wind, Wellen und Klippen«. Er hat damit zwar die »Landratte« sicherlich nicht erfunden, aber wohl schon zu ihrer Verbreitung beigetragen. Aus der seeräuberischen Wasserratte wurde im deutschen Sprachgebrauch irgendwann jemand, der ins Naß vernarrt ist; mit dem Schimpfwort »Landratte« distanzierten sich die Seeleute von Menschen, die an Land lebten und überhöhten zudem auch ihren eigenen Mangel.

Lang lang ist's her...erinnern wir uns sehnsuchtsvoll an längst Vergangenes: Das irische Volkslied »Teil me the tales« aus dem 18. Jahrhundert wurde 1833 von dem englischen Dichter Thomas Haynes Bayly (1797-1839) zu »Long, long ago« übertragen und bald auch in der deutschen Übersetzung so populär, daß es bis heute quasi als deutsches Volkslied empfunden wird:

  Sag mir das Wort, das so gerne ich gehört,
  Lang, lang ist's her, lang, lang ist's her.
  Sing mir das Lied, das dereinst mich hat betört,
  Lang, lang ist's her, lang ist's her.
  Dich und mein Glück, all' du wieder mir gibst,
  Weiß ja nicht mehr, ach wie lang du ausbliebst.
  Weiß ja nur noch, daß du eins mich geliebt,
  Lang, lang ist's her, lang ist's her«.

Lang wie ein Baum...steht sinnbildlich für einen besonders großen schlanken Menschen, so groß und schlank halt, wie ein Baum.

Lange Fädchen, faule Mädchen...bezieht sich auf die Unlust, kurze Fäden zu vernähen, die häufiger eingefädelt werden müssen. Diese früher weitverbreitete Rüge unserer Großmütter hat natürlich mit Faulheit nicht viel zu tun. Was zunächst praktisch erscheint, birgt bei näherer Betrachtung viele Nachteile: Ein langer Faden verknotet sich leichter, man hat (wenigstens am Anfang) sehr viel Faden durchzuziehen, arbeitet dadurch langsamer und der Faden verliert durch ständiges Durchziehen seinen natürlichen Glanz und wird rauh und stumpf. Die ursprüngliche Form »Langer Draht, faule Naht« (Draht ⇒ Faden, faul ⇒ schlecht) erklärt einen weiteren Nachteil: Eine Naht, die nur aus einem einzigen langen Faden besteht, reißt womöglich in ihrer ganzen Länge auf - wird sie mit mehreren kurzen Fäden genäht, ist der Schaden auf die Länge eines solchen begrenzt.

Lange Haare, kurzer Verstand...sagte man einst despektierlich über die langhaarigen »68er« und »Hippies«, die so gar nicht dem damals gängigen Bild entsprachen. Nachdem 150 Jahre lang männliche Kurzhaarfrisuren üblich waren, ließ man wieder »lang« wachsen, um gegen das »Establishment« zu protestieren. Haare waren nicht mehr einfach nur Haare - sie waren plötzlich auch politisches Ausdrucksmittel. Wer lange Haare hatte, galt demnach als eigenwillig, hatte ein recht verworrenes, störrisches Wesen.

Lange Rede, kurzer Sinn...versuchen wir oft, einen Sachverhalt abzukürzen, zusammenzufassen, auf eine knappe Formel zu bringen, den jemand allzu ausführlich erläutert: Mit der ursprünglichen Frage »Was ist der langen Rede kurzer Sinn?« schneidet in Friedrich von Schillers (1759-1805) »Wallenstein«-Trilogie (Piccolomini I,2) der vom Kaiser gesandte Kriegsrat von Questenberg dem Chef des Dragonerregiments Buttler, der sich zuvor in einer längeren Lobeshymne über Wallenstein ausläßt, das Wort ab. Octavio Piccolomini antwortet darauf: »Es sei nur zur Erinnerung«.

Langer Lulatsch...nennt der Volksmund einen hochgewachsenen, hageren, oft unbeholfen schlaksig wirkenden Kerl, aber auch allgemeiner große dünne Gegenstände oder Bauwerke wie den Berliner Funkturm. Das Wort könnte aus dem Hebräischen stammen: Der »Lulav« (Palmzweig) ist der längste, alles überragende Bestandteil eines rituellen Feststraußes beim jüdischen Laubhüttenfest »Sukkot«.
Wahrscheinlicher dürfte sich der seit dem 17. Jahrhundert bekannte Begriff aber von »latschen« (nachlässig laufen) ableiten - der fast schon typischen schlurfenden Gangart, die großgewachsene Menschen mit wenig Körperspannung oft an sich haben.

LappalieDie unwichtige Kleinigkeit, etwas Belangloses, das leicht zu erledigen ist, stammt vom »Lappen« - ursprünglich der »Lumpen« im Sinne von Spitzbuben - ab und wurde wohl von Studenten im 17. Jahrhundert durch den Tausch mit der »lateinischen« Endung »-alie« verballhornend abgeleitet - etwa wie aus »Personal« die »Personalien« wurden.

Lappenbäume...sind heilige Erinnerungsbäume, deren Äste mit Kleidungsfetzen als Opfer geschmückt wurden. Diese Sitte war bei den Griechen, Römern, Kelten, Ägyptern bekannt und es liegt nahe, daß dieser Brauch mit dem Schmücken unseres Tannenbaumes verbunden ist.

Larifari...bezeichnet ein dummes Geschwätz, einen (harmlosen) Unsinn, in Wien auch einen »Hanswurst« und entstand aus den italienischen Tonsilben »la (a), re (d), fa (f), re«. Guido v. Arezzo (992-1050) entwickelte Anfang des 11. Jahrhunderts die »Solmisation«, eine Gesangstechnik, bei der zum Einsingen die Tonleiter »Do-re-mi-fa-so-la-ti-do« in Silben gesungen wird. Später bezeichnete man trällernde Gesangssilbentöne in Volksliedern als »lori fa«. Der Wiener Geistliche, Prediger und Schriftsteller Abraham a Sancta Clara (1644-1709) nahm es in einen Reim auf: »Ein Wax ist die Welt, man truck hinein, was man will, so ist's doch nichts als Lari fari und Kinderspiel«.

Laßt dicke Männer um mich sein...heißt es in der Tragödie »Julius Cæsar« (um 1599) des englischen Dichters William Shakespeare (1564-1616). Darin äußert sich Cäsar mißtrauisch über einen seiner späteren Mörder: »Dieser hagere Cassius denkt zuviel, die Leute sind gefährlich«. Shakespeare hatte auf die Cäsarbiographie des Philosophen Plutarchos von Chaironeia (um 46-120) zurückgegriffen, nach der der römische Feldherr gesagt haben soll, er fürchte nicht die dicken Herren, vielmehr die mageren, blassen.

Laßt jede Hoffnung fahren...rät uns gelegentlich ein Gegner, um uns alle Zuversicht zu rauben. Diese Warnung, die heute in vielen Fußballstadien die Gastmannschaft abschrecken soll, stand ursprünglich in Dante Alighieris (1265-1321) »Divina Commedia« (Die göttliche Komödie) über dem Eingang zum Inferno:

 »Durch mich geht man hinein zur Stadt der Trauer,
  Durch mich geht man hinein zum ewigen Schmerze,
  Durch mich geht man zu dem verlornen Volke.
  Gerechtigkeit trieb meinen hohen Schöpfer,
  Geschaffen haben mich die Allmacht Gottes,
  Die höchste Weisheit und die erste Liebe
  Vor mir ist kein geschaffen Ding gewesen,
  Nur ewiges, und ich muß ewig dauern.
  Laßt jede Hoffnung, wenn ihr eingetreten«.
  (Canto 3, Vers 1-9)

Last, but not least...wird auf allen Showbühnen der Welt der eigentliche Star angekündigt: »Der Letzte, aber nicht der Geringste«. Es scheint uns selbstverständlich, daß der Superstar als Höhepunkt erst am Ende der Show auftritt. Die ausdrückliche Betonung, daß es nicht der »Geringste«, der »Allerletzte« ist, hängt mit dem urtümlichen Drang des Menschen zusammen, nicht »Das Letzte« sein zu wollen.

LattenrostEin einfacher Ersatz für den Federboden eines Bettes - gelegentlich auch Synonym für mangelnde sexuelle Aktivität...

Laubenpieper...nennt Berliner scherzhaft jene oft als spießig verrufenen Zeitgenossen, die in einer Kleingartenkolonie auf eigener Scholle Obst, Gemüse und Gartenzwerge kultivieren. Ursprung könnte einst ein »Pieper« (Vogel) gewesen sein, der wohl in einer Laube nistete.

Laufender Meter...nennen wir gelegentlich scherzhaft besonders kurz geratene Mitmenschen. Ursprünglich ist dies eine Maßeinheit aus der Textilbranche: Stoffe sind auf eine Rolle gewickelt, der »laufende Meter« gibt - bei beliebiger Breite - die Länge der Stoffbahn an, die auch nicht pro Quadratmeter ausgepreist wird.

Lausbub...oder »Lausebengel« sagen wir oft scherzhaft zu minderjährigen männlichen Personen, die durch ein ausnehmend freches, ungezogenes Verhalten auffallen, dabei aber dennoch über eine gewisse Portion kindlichen Charme verfügen. Die wohl prominentesten Lausbuben sind Max und Moritz aus der berühmten Bildergeschichte von Wilhelm Busch (1832-1908), die ihre Mitmenschen mit allerlei bösartigen Streichen drangsalierten. Tatsächlich geht diese Bezeichnung wohl darauf zurück, daß solch dreiste, freche Knaben seit dem 18. Jahrhundert als verlaust und ebenso lästig wie Ungeziefer empfunden wurden.
Nach einer anderen Erklärung ist hingegen gerade das Gegenteil der Fall: Ursprünglich war der »Lausbub« demnach ein Ministrant in der Heiligen Messe. Als diese noch in Latein gelesen wurde, lautete sein häufigster Beitrag zur Liturgie: »Laus tibi Christe« (Lob Dir, Christus).

Leben und leben lassenDiese sprichwörtliche Aufforderung zur Toleranz, sich selbst, aber auch anderen etwas zu gönnen, wurde nicht zuletzt bekannt durch Johann Christoph Friedrich von Schillers (1759-1805) Drama »Wallensteins Lager«, wo es 1799 im sechsten Auftritt in einer Unterhaltung über die relative Toleranz des Feldherrn Tilly zwischen dem Wachtmeister und dem ersten Jäger heißt: »Und ging's nur nicht aus seiner Kassen, sein Spruch war: ›leben und leben lassen‹«.

Leben wie Gott in Frankreich...bedeutet soviel wie sorgenfrei und gut versorgt zu sein und dem Müßiggang zu frönen.
»Vivre comme Dieu en France« wurde um 1792-94 in Europa zum geflügelten Wort: Anläßlich der französischen Revolution wurde die katholische Kirche entmachtet und Gott »abgesetzt« - er hatte also in Frankreich nicht mehr viel zu tun. Nach einer anderen Erklärung meint »Gott« die fürstlich lebende französische Geistlichkeit des Mittelalters.
Die Redensart geht aber wohl schon auf Julius Zincgrefs (1591-1635) »Apophthegmata teutsch« zurück, der Kaiser Maximilian I. (1459-1519) in einem vertraulichem Gespräch die Worte: »Wenn es möglich wäre, daß ich Gott sein könnte und zwei Söhne hätte, so müßte mir der älteste Gott nach mir und der andre König in Frankreich sein« in den Mund legte.

Leck mich am Arsch...war einst gängiges Mittel zur »Gefahrenabwehr«. Dem blanken Hintern schrieb man die Gabe zu, bösen Zauber abzuwehren. Wer glaubte, einer Hexe oder gar dem Leibhaftigen selbst zu begegnen, konnte sich dem durch mehrmaliges Aufsagen des Sprüchleins entziehen. Auch schmückte man damals Stadttore und Kirchen oft mit kleinen Plastiken, die alte Weiber mit blanken Hintern zeigten und den Betrachter scheinbar zum »Lecken« aufforderten. Dieser Abwehrzauber, der sich schon bei Martin Luther (1483-1546) in der Form »Wenn man aber nun den Teufel kennt, so kann man leichtlich zu im sagen: >Leck mich im Arsch<« findet, erschreckte wohl nicht nur Geister...
Berühmt wurde der Satz, mit dem einfachere Naturen gerne renommieren, durch Johann Wolfgang von Goethes (1749-1832) Geschichte »Gottfriedens von Berlichingen mit der eisernen Hand«. Götz von Berlichingen, Pate des meistzitierten aller Goethezitate und recht rauher Geselle aus dem Württembergischen Adel, lebte tatsächlich von 1480-1562. Keiner Fehde aus dem Weg gehend, erlangte er bereits zu Lebzeiten einige Berühmtheit und soll schon anno 1519 einem kaiserlichen Unterhändler dieses Angebot gemacht haben. Der unbekannte junge Dichter wollte anno 1773 Aufsehen erregen, also legte er seinem Dramenheld das drastische Zitat (III. Akt, Szene 17) in den Mund. Da es seit der 2. Auflage nicht mehr gedruckt wurde, sei hier der Wortlaut wiedergegeben: »Sag Deinem Hauptmann: Vor Ihro Kaiserlichen Majestät hab ich, wie immer, schuldigen Respekt. Er aber, sag's ihm, er kann mich im Arsche lecken«.
Lange vor Goethe findet sich die Redensart bei Hans Sachs (1494-1576) in »Der doctor mit der grosen nasen«: »Ey wie wol dus getroffen hast, Peim ars im Schlaff, mein lieber Fricz, Kump her vnd kües mich, da ich sicz«, Grimmelshausens »Simplicissimus« sagt: »Hätten sie ihm Nasen und Ohren abgeschnitten, zuvor aber gezwungen, daß er ihrer Fünfen den Hindern lecken müssen«; oder an anderer Stelle: »Ich sagte: Du Flegel, sie haben dir deine Schafe wollen stehlen. Der Bauer antwortete: So wollte ich, daß sie mich und meine Schafe müßten im Hintern lecken« und Johann Beer (1655-1700) schrieb im »Narrenspital«: »Hinfort sollst du mich nicht mehr streichen, aber wohl im Arsche lecken, du Hundsfutt, hast mich gehalten wie einen jungen Tanzbären, aber nun blase mir ins Loch dafür, du Henkersknecht!«
Schon im 14. Jahrhundert soll nach den Luzerner Ratsprotokollen eine Frau Jenzis Vasbindz Weib, zu ihrem Manne gesagt haben: »Leck den gabelman und fach mir im ars an und kuss mir die mutzen im zünglin«; 1454 in einer Bamberger Beleidigungsklage lesen wir: »Auch sprache sie, er solle sie im Arse lecken und an ihre Brüche küssen!«

Leeren Bänken predigen...mußten ursprünglich Pfarrer, die in ihrer Kirche keine oder nur wenige Zuhörer hatten. Oft wird schon in alten Kirchenbüchern darüber geklagt, daß die Religion kaum noch Bedeutung hat, sich immer mehr Menschen von den Kirchen abwenden und austreten. Hier sind also zweifellos die leeren Kirchenbänke gemeint.

Lehrers Kinder, Pastors Vieh - gedeihen selten oder nie...behauptet eine bekannte Volksweisheit: Selbst Fachleute haben oft Probleme im eigenen Metier, Pädagoge zu sein bedeutet nicht automatisch, »wohlgeratene« Kinder zu haben, ausgerechnet der Pfarrer versagt bisweilen bei seinen »Schäfchen«, ähnlich bekannt ist auch der Schuster, der selbst immer die schlechtesten Schuhe hat. Gerade diejenigen, die es besonders gut können sollten und normalerweise auch recht gute Erfolge verzeichnen, scheitern zuweilen im privaten Umfeld völlig. So ist beispielsweise überliefert, daß ausgerechnet der Schweizer Schul- und Sozialreformer Johann Heinrich Pestalozzi (1746-1827) in all seinem Nimbus als absoluter Klassiker der Pädagogik größte Schwierigkeiten bei der Erziehung seines einzigen Sprößlings Johann Jakob gehabt habe.
Man kann so viel wissen und können, wie man will - und wird dennoch in der eigenen Umsetzung versagen, einfach weil die nötige Distanz fehlt, man an sich selbst ganz besondere Anforderungen und Erwartungen stellt und es nicht immer gelingt, die eigenen Angelegenheiten objektiv und emotionslos zu beurteilen und Theorie und Praxis gut miteinander zu verbinden.

Lehrgeld zahlen...mußte man früher an den Handwerksmeister für die Ausbildung des Lehrlings: Berufsnachwuchs wurde hauptsächlich in der Familie rekrutiert - gegen zusätzliche Einnahmen war aber sicher schon damals nichts einzuwenden.
Heute meinen wir damit, daß wir eine Erfahrung unnötig teuer erkaufen oder erst durch Schaden klug werden mußten: Das wird uns nicht nochmal passieren. Wenn jemand sich außergewöhnlich dämlich anstellt und etwas voraussichtlich nie lernen wird, raten wir ihm auch gelegentlich: »Laß Dir Dein Lehrgeld zurückzahlen«.

Lehrjahre sind keine Herrenjahre...wer kennt nicht das alte Sprichwort, das Abermillionen von Lehrlingen von den Eltern und vom Meister zu hören bekamen? Während der Ausbildung muß man gehorchen und halt auch mal für alle möglichen Drecksarbeiten herhalten, für die sich die Gesellen zu schade sind. Auch daraus lernt man. Man fängt klein an, steigert sich langsam und wird vielleicht irgendwann selbst »Herr und Meister«. Der Weg dahin war immer beschwerlich und nicht selten durch Gewalt gekennzeichnet. Und er ist es - entgegen aller Beteuerungen vorgeblich gutmenschiger Ausbilder - bis heute.

LeichenbittermieneDer Leichenbitter hatte früher die Aufgabe, von Haus zu Haus zu gehen und die Trauergäste zum Begräbnis einzuladen. Außerdem bat er um ein Vaterunser für den Verstorbenen. Dabei hatte er natürlich ein besonders ernstes, trauriges und ordentlich betroffenes Gesicht zu machen. Heute meinen wir meist eine deutlich gezeigte, aber nicht wirklich ernstgemeinte und echte Trauer.

Leichte Schläge auf den Hinterkopf erhöhen das Denkvermögen...sagt, wer jemanden ob seiner Vergeßlichkeit rügen will: Ähnlich wie »hinter die Ohren schreiben« geht diese Redensart wohl bis ins Mittelalter zurück, als Verträge noch nicht schriftlich festgehalten wurden. Um sicherzustellen, daß es über Generationen noch Zeugen für wichtige Vereinbarungen gab, wurden Kinder dazugeholt, denen als Gedächtnisstütze, die Abmachung auf keinen Fall zu vergessen, eine kräftige Ohrfeige verabreicht wurde.

Leichtes Spiel haben...wir mit jemandem (oder mit einer Sache), mit dem wir schnell und ohne größere Schwierigkeiten fertigwerden, mühelos zum Ziel kommen. Wir sind einfach besser oder klüger als ein anderer und überwältigen ihn »spielend«.

Leine lassenJemand braucht mehr Freiheit, weniger Aufsicht in seinem Tun: Hunde können an der kurzen Leine geführt, oder auch an die lange Leine genommen werden, wenn daraus keine Gefahr entsteht.

Leise zieht durch mein Gemüt  Liebliches Geläute.
  Klinge kleines Frühlingslied,
  Kling hinaus ins Weite«

  Zieh' hinaus bis an das Haus,
  Wo die Veilchen sprießen;
  Wenn Du eine Rose schaust,
  Sag', ich laß sie grüßen«

...heißt es in Heinrich Heines (1797-1856) Lied №. 6 aus dem Zyklus »Neuer Frühling« (1831), das nicht zuletzt durch die Vertonung von Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-47) bekannt wurde. Noch heute drücken wir so aus, daß wir den Frühling in seinen ersten zarten Anfängen verspüren.

Leisetreter...sagt der Volksmund zu einem leisen, zurückhaltenden Zeitgenossen, der alles vertuscht und geheimhält, weil es der Karriere schaden könnte. oder der ohnehin erst gar nichts zu melden hat, sich niemals durchsetzt und als Weichei gilt. Er »tritt« im wahrsten Sinne des Wortes immer »leise« auf, vermeidet alles, was unnötig auf ihn aufmerksam machen könnte. Der Schauspieler und Regisseur Bernhard Wicki (1919-2000) faßte das einst mit den Worten: »Ein Leisetreter ist ein Mensch, der unheimlich heimlich tun kann« höchst treffend zusammen.

Leitungsheimer Gänsewein...sagt der Berliner hochtrabend zu gewöhnlichem Wasser, weißem Wein von »Jungfer Einarm«, wie er humorvoll die Pumpe bezeichnet - ein Euphemismus für den Durstlöscher des Federviehs wie des armen Mannes, der sich keinen echten Traubensaft leisten kann. Der Begriff ist unter anderem schon 1793 im »Grammatisch-kritischen Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart« des Johann Christoph Adelung (1732-1806) und in der »Oekonomischen Encyklopädie« von Johann Georg Krünitz (1728-96) belegt.

LeporelloDas Zickzack-Faltblatt hat seinen Namen von einer Figur aus der Oper »Il dissoluto punito ossia il Don Giovanni« (Der bestrafte Wüstling oder Don Giovanni) von Wolfgang Amadeus Mozart (1756-91): Leporello, der Diener Giovannis, eines ausschweifenden jungen Edelmannes, führt eine Liste mit den amourösen Eroberungen seines Herren. Als die Zahl einige hundert übersteigt, faltet er das Papier (wahrscheinlich über Treppenstufen), um es handlicher zu machen.

Lerne leiden, ohne zu klagenDieser volkstümliche Ausspruch, der Tapferkeit ohne Wehleidigkeit als preußische Tugend offenbart, wird dem deutschen Kaiser und König von Preußen Friedrich III. (1831-88) zugeschrieben. Er soll, kurz bevor er nach nur 99 Tagen Regentschaft starb, zu seinem Sohn Wilhelm II. (1859-1941) gesagt haben: »Lerne leiden, ohne zu klagen, das ist das Einzige, was ich Dich lehren kann«.
Auch die österreichische Schriftstellerin Marie Freiin von Ebner-Eschenbach (1830-1916) schrieb seinerzeit: »Zwei Dinge lern geduldig tragen: Dein eigen Leid, der andren Klagen«. Erheblich populärer ist indes heutzutage die scherzhafte Verdrehung »Lerne klagen ohne zu leiden«.

Leseholz...auch »Raffholz« ist Holz, das von Holzsammlern aufgelesen, aufgerafft werde durfte. Nach preußischem Landrecht zählten dazu Holzabfälle und trockene einzelne Äste.

Leseratte...nennen wir seit dem späten 19. Jahrhundert Personen, die gern und viel lesen. Durch die alles, immer und überall fressende »Ratte« und die dadurch implizierte Gier bekommt der Begriff eine fast schon negative Bedeutung, die sich auf die Kritiklosigkeit, mit der eine »Leseratte« jegliche erreichbare Literatur verschlingt, bezieht. In den 1920er Jahren nannten Studiosi auch ihre Dozenten so, wenn die nur aus Manuskripten vorlasen und nicht frei vortrugen.

Letzte Grüße aus Davos...lautet zuweilen ein scherzhafter Kommentar auf starkes Husten: Davos ist aufgrund seines sonnigen und angenehmen Winterklimas ein beliebter Schweizer Winterkurort, in dem es neben zahlreichen Kurhäusern und Sanatorien auch bekannte Lungenheilstätten gibt.

Leute, kauft Euch Kämme - es kommen lausige Zeiten...raten wir unseren Mitmenschen angesichts so manch höchst seltsamer Entscheidung unserer Politiker. »Lausige Zeiten« stehen von altersher für heikle Lebensumstände, für von den jeweiligen Machthabern verursachte Armut. Das inspirierte den Heidedichter Hermann Löns (1866-1914) schon anno 1908 zu seinem Gedicht »Das Steuerrad«, das heute vielleicht aktueller ist, denn je:

 »In einem kühlen Grunde,
  Da rauscht das Steuerrad,
  Der Überschuß ging flöten,
  Den man geträumet hat.

  Die Gegenwart ist greulich,
  Die Zukunft, die ist grau,
  Uns wird beträchtlich miese,
  Uns wird erheblich mau.

  Der Worthalter hat gesprochen,
  Er sprach's voll tiefem Weh,
  Uns ging ein kaltes Grausen
  Durch Mark und Pfennige.

  Er sprach von neuen Steuern
  Zu uns, der gute Mann;
  Nun Kinder, kauft euch Kämme,
  Die lausige Zeit kommt heran«.

LeviathanDer Drache in Schlangengestalt stammt aus dem Alten Testament. Nach Psalm 104.26 hat Gott ihn geschaffen, »um mit ihm zu spielen«. Im Buch Hiob 40.25-41.26 führt Gott dem Leidenden seine Allmacht vor und zeigt ihm zum Beweis die Ungeheuer Leviathan und Behemot: »Concident eum amici divident illum negotiatores...« - »Kanstu den Leuiathan ziehen mit dem haken vnd seine Zungen mit einem strick fassen?...« Der englische Philosoph Thomas Hobbes (1588-1679) benutzte den Begriff auch literarisch als Symbol für den allmächtigen, allgewaltigen Staat.

Licht am Ende des Tunnels...sieht jemand, der wieder Hoffnung schöpft, der Anzeichen für Besserung in einer schwierigen Lage oder ganz allgemein in schlechten Zeiten optimistisch in die Zukunft sieht. Man geht bildlich durch einen langen finsteren Tunnel, kann sich nicht recht orientieren, bis da endlich irgendwo ein Lichtschein ist, auf den man wieder zusteuern kann, der einem sagen will, man kommt da heraus. Aber Vorsicht: Das »Licht am Ende des Tunnels« könnte auch ein entgegenkommender Zug sein...

Licht ins Dunkel bringen...heißt, eine undurchsichtige Angelegenheit aufklären, etwas Unangenehmes, das im Verborgenem lag, bekanntmachen. Es kommt etwas »ans Licht«, das wir so vorher nicht sehen konnten. Unser normaler Lebensrhythmus ist von Tag und Nacht, Hell und Dunkel bestimmt und der Mensch, der sich hauptsächlich mit seinen Augen orientiert und zurechtfindet, erkennt im Dunklen nicht viel. Erst wenn wir symbolisch »Licht ins Dunkel« bringen, können wir einen Sachverhalt erkennen.

LichtjahrDie Stromrechnung für 12 Monate...

Liebe deinen Nächsten wie dich selbst...denn jeder ist sich selbst der Nächste. Hier haben wir es gleich mit zwei vermeintlich konträren Redewendungen zu tun: Der Aufruf zur Nächstenliebe, zu selbstloser Bereitschaft, seinen Mitmenschen zu helfen und Opfer zu bringen, entstammt einem Gebot der Tora: »Non quæres ultionem nec memor eris iniuriæ civium tuorum diliges amicum tuum sicut temet ipsum ego Dominus« - »Du solt nicht Rachgirig sein noch zorn halten gegen die Kinder deines Volcks. Du solt deinen Nehesten lieben wie dich selbs. Denn ich bin der Herr« heißt es in Leviticus 19:18.
Die zweite Hälfte schrieb der römische Komödiendichter Publius Terentius Afer (um 195-158 a.C.) in sein Theaterstück »Andria« (IV, 1) wo es im lateinischen Original heißt: »Proximus sum egomet mihi« - »Ich bin mir selbst der Nächste«.
Auch wenn die Verquickung dieser beiden Sprüche auf den ersten Blick spöttisch oder gar zynisch wirken mag, steckt doch viel Lebenserfahrung in diesen Worten. Der Mensch neigt im Allgemeinen eher dazu, zunächst an sich selbst und die eigenen Interessen zu denken, als die Bedürfnisse anderer in den Mittelpunkt zu stellen - abhängig von den jeweiligen Lebensumständen eine Frage der persönlichen Einstellung, die schwerlich zu kritisieren ist.

Liebe geht durch den Magen...sagt der Volksmund nicht ohne Grund: Wenn man verliebt ist, macht sich in der Magengegend ein kribbelndes Gefühl breit - viele meinen, sie hätten »Schmetterlinge im Bauch«. Gutes Essen und Lust sind eng miteinander verbunden, das »Belohnungszentrum« in unserem Gehirn wird gleichermaßen aktiviert und Glückshormone ausgeschüttet. Schon in der Antike wurde speziellen Lebensmitteln wie Spargel und Muscheln, Erdbeeren und Trauben, verschiedenen Gewürzen aber auch solchen Exoten wie getrockneten Stierhoden oder zerstoßenen Nashörnern nachgesagt, erotisierend zu wirken, die Sinne zu betören und für Durchhaltevermögen zu sorgen. Oft spielten sicher Aberglaube und Mythologie eine große Rolle, aber ein entspanntes Essen zu Zweit ist allemal der ideale Einstieg für einen anregenden Abend. Und wenn eine Frau besonders toll kochen kann, sind wohl die meisten Männer davon und von ihr sehr angetan.

Liebe ist stark wie der Tod...wissen wir seit dem Hohelied Salomo, einer Sammlung populärer Liebes- und Hochzeitslieder im Alten Testament: »Pone me ut signaculum super cor tuum ut signaculum super brachium tuum quia fortis est ut mors dilectio dura sicut inferus æmulatio lampades eius lampades ignis atque flammarum« - »Setze mich wie ein Siegel auff dein Hertz vnd wie ein siegel auff deinen Arm, Denn Liebe ist starck wie der Tod vnd Eiuer ist fest wie die Helle, Jr glut ist fewrig vnd ein flamme des Herrn« (Hohelied 8.6)

Liebe macht blind...erklärte uns bereits der griechische Philosoph Platon (um 428-347 a.C.), der in seinem Werk »Gesetze« schrieb: »Denn der Liebende wird blind in bezug auf den Gegenstand seiner Liebe«. Daraus entwickelte sich im Laufe der Zeit unser Sprichwort, das, wie wir wissen, bis heute nichts an Richtigkeit eingebüßt hat: Die Struktur einer ambivalenten Beziehung beeinträchtigt extrem das visuelle und kognitive Wahrnehmungsvermögen. Die Wendung kann man übrigens sogar wörtlich nehmen: Das »Flimmerskotom«, auch »Blinder Fleck«, ein teilweiser Gesichtsfeldausfall mit einer Wahrnehmung von hellem, flimmerndem oder kaleidoskopartig drehendem Licht, kann gelegentlich vor einer Migräne, aber auch nach großen Anstrengungen wie sexuellen Abenteuern auftreten.

Liebe überwindet alles...wußte bereits der römische Dichter Publius Vergilius Maro (70-19 a.C.), als er in seiner 10. Ekloge über die unglückliche Liebe des Gallus, der von dem Gott Pan aufgefordert wird, über den Verlust seiner untreuen Geliebten Lycoris nicht länger zu jammern, resümiert: »Omnia vincit Amor: et nos cedamus Amori« - »Die Liebe überwindet alles, und wir beugen uns vor ihrer Macht« (10, 69).

Lieber ein Ende mit Schrecken...als ein Schrecken ohne Ende: Manchmal hilft alles nichts, wir müssen etwas hinnehmen oder erdulden, bevor es besser wird - aber wir beschleunigen das ganze, um nicht mehr allzu lange leiden zu müssen. Der Spruch geht mal wieder auf ein Bibelzitat zurück: »Quomodo facti sunt in desolationem! Subito defecerunt, perierunt præ horrore«. - »Wie werden sie so plötzlich zu nichte! Sie gehen vnter vnd nemen ein ende mit schrecken«. (Psalm 73.19)
Berühmt wurde das Wortspiel durch den preußischen Husarenmajor Ferdinand von Schill (1776-1809), der am 12. Mai 1809 auf dem Marktplatz von Arneburg an der Elbe eine Ansprache gegen die Herrschaft Napoléon Bonapartes (1769-1821) hielt.

Lieber Glatze als gar keine HaareEin schönes Gesicht braucht Platz - keine Frage. Dennoch bemüht so mancher diesen uralten Kalauer, wenn die einstige Lockenpracht langsam aber sicher zu schwinden beginnt. Und tatsächlich ist so eine überhohe Stirn immer noch besser, als durch irgendeine Krankheit, einen Gendefekt oder eine Chemotherapie wirklich überhaupt keine Haare, keine Wimpern, keine Brauen - nichts mehr zu haben...

Lieber tot als rot...war ein Schlagwort während des Zweiten Weltkrieges und des Kalten Krieges. Das Schlagwort geht ursprünglich auf das apokryphe Buch Jesus Sirach (10.12) zurück, wo es heißt: »Bevem languorem præcidit medicus sic et rex hodie est et cras morietur« - »So gehets doch entlich also: Heute König, morgen Tod«. Spätmittelalterliche Leichenpredigten für plötzlich und jung Verstorbene machten daraus »Heute rot, morgen tot« (rote Wangen als Farbe des blühenden Lebens). Als im 19. Jahrhundert Rot zur Symbolfarbe der Arbeiterbewegung wurde, deutete man die ursprünglich theologische Bedeutung zur politischen Kampfparole um.

Liebesknoten...kommen aus der Wappenkunde: Es ist die Darstellung einer Schnur, die die Form einer doppelten 8 hat. Der Liebesknoten war das Zeichen für eine verheiratete Frau.

Lieschen Müller...steht im deutschen Sprachraum als »gewöhnliches Mädchen« und weibliches Pendant zu »Otto Normalverbraucher« für den Durchschnittsmenschen: Die Hochstaplerin Sophie Sabina Apitzsch (1692-1752), die sich 1714 als Prinz ausgab, wurde »Prinz Lieschen« genannt. Der Schriftsteller Heinrich Moritz Heydrich widmete ihr 1861 eine romantische Posse, Wilhelmine Heimburg 1879 den Roman »Lumpenmüllers Lieschen«. Schon Anfang des 20. Jahrhunderts, spätestens aber nach dem 1961 gedrehten Spielfilm »Der Traum von Lieschen Müller«, in dem Sonja Ziemann als kleine deutsche Büroangestellte davon phantasiert, in den USA als reiche und berühmte Liz Miller zur High Society zu gehören, war der Name im allgemeinen Sprachgebrauch präsent.

Lila - der letzte Versuch...kommentieren wir gelegentlich recht uncharmant ältere Damen, die scheinbar krampfhaft versuchen, auf sich aufmerksam zu machen: Das aufgehellte Violett gilt als altjüngferlich, war es doch einst die Farbe unverheirateter Frauen, die - dem kindlichen Rosa längst entwachsen - dennoch mit jungmädchenhaften Pastelltönen eine mögliche Partnerwahl beeinflussen wollten. Schon Geheimrat Goethe nannte Lila den »Schrecken eines Weltuntergangs«, der Expressionist Wassily Kandinsky schrieb ein gutes Jahrhundert später, Lila habe »etwas Krankhaftes, Erlöschtes, etwas Trauriges an sich«. Und weil lila Kleidung offenbar so abschreckend auf uns wirkt, kennt der Volksmund auch noch den treffenden Spruch: »Lila schützt vor Schwangerschaft«. Da sollte man sich allerdings nicht drauf verlassen...

LiliputanerDen Begriff hat der irische Schriftsteller und Satiriker Jonathan Swift (1667-1745) erfunden: In seinem berühmten Roman »The travels into several remote nations of the world by Lemuel Gulliver« (Gullivers Reisen, 1726) entdeckt der Titelheld auf einer seiner skurrilen Reisen die Insel »Lilliput«, auf der ein Volk winziger Menschen lebt. Sie sind zwar nur sechs Zoll hoch (15,24 cm), doch absolut unerschrocken, und ihre Waffen setzen Gulliver mächtig zu.

Lippenbekenntnis...nennen wir eine besondere Form der Lüge, bei der man sich zu etwas bekennt, ohne wirklich dahinter zu stehen. In der Bibel wird mit diesem Bild eine äußerliche, formelhafte Frömmigkeit kritisiert. Im Buch Jesaja 29.13 klagt Gott höchstselbst: »Et dixit Dominus eo quod adpropinquat populus iste ore suo et labiis suis glorificat me cor autem eius longe est a me et timuerunt me mandato hominum et doctrinis«. - »Vnd der Herr spricht Darumb das dis Volck zu mir nahet mit seinem Munde vnd mit seinen Lippen mich ehret, Aber jr Hertz ferne von mir ist vnd mich furchten nach Menschengebot die sie leren«.

LitfaßsäuleDie Anschlagsäule ist nach dem Drucker Ernst Theodor Amandus Litfaß (1816-74) benannt, der am 15. April 1855 (finanziert von Zirkusdirektor Ernst Jakob Renz) in der Münzstraße in Berlin-Mitte die erste Säule dieser Art in Berlin aufstellte.

Loch an Loch und hält doch...sagen wir manchmal scherzhaft über etwas ältere Socken oder verärgert über so manche Straße. Ursprünglich war in diesem alten Kinderrätsel wahlweise ein Sieb oder eine Kette zu erraten.

Locker vom Hocker...machen wir etwas völlig unbeschwert, hemmungslos, gelassen, spontan. Ab 1979 gab es eine gleichnamige ZDF-Sendung, in der der Schauspieler Walter Giller (1927-2011) von einem Barhocker aus verschiedene Sketche moderierte. Der Titel der Sendung stand damals synonym dafür, daß er das mühelos und sehr lässig tat.

Lockvogel...nennen wir jemanden, der im Auftrag Dritter bestimmte Handlungen ausführt, deren Interessen vertritt, dabei aber die eigene Parteilichkeit verschweigt und so durch Täuschung unsere Unbedarftheit ausnutzt. Ursprung ist ein oft bei der Jagd benutzter (heute meist künstlicher) Vogel, der potentielle Beutetiere anlocken soll. Schon Martin Luther (1483-1546) übersetzte aus der Bibel: »Sicut decipula plena avibus sic domus eorum plenæ dolo ideo magnificati sunt et ditati« -»Vnd jre Heuser sind voller tücke wie ein Vogelbawr voller Lockvogel ist. Daher werden sie gewaltig vnd reich, fett vnd glat« (Jeremia 5:27) oder »Non omnem hominem inducas in domum tuam multæ enim insidiæ sunt dolosi« - »Ein falsch Hertz ist wie ein Lockvogel auff dem Kloben vnd lauret wie er dich fahen müge« (Sirach 11:31).

Löcher in die Luft starrenNatürlich starren wir nicht wirklich »Löcher« in die Luft - wir sehen sie ja im Normalfall gar nicht. Aber wenn uns jemand eine komplizierte Frage stellt oder wir angestrengt über etwas nachdenken, starren wir oft geistesabwesend in die Ferne oder lassen den Blick in eine unbestimmte Richtung schweifen. Oft passiert das auch, wenn wir nicht richtig bei der Sache sind oder tagträumen. Dieses Starren mag zuweilen vielleicht etwas unhöflich und abwesend wirken - Wissenschaftler haben aber herausgefunden, daß wir uns dabei sehr wohl und sogar besser konzentrieren können. Die einfache Erklärung: Das Ausblenden unnützer visueller Informationen sorgt dafür, daß dem Gehirn mehr Rechenkapazität für die Lösung der eigentlichen Aufgabe zur Verfügung steht.

Löwenanteil...nennen wir den weitaus größeren Anteil, den jemand an einer bestimmten Sache erhält.
Zurückzuführen ist dieses Wort auf die Fabel »Der Löwe, der Esel und der Fuchs« (№ 260) des berühmten griechischen Dichters Æsop (um 600 a.C.):
Löwe, Fuchs und Esel schlossen einen Bund und gingen zusammen auf die Jagd. Vorher hatten sie sich darauf geeinigt, die Beute gleichmäßig aufzuteilen. Der Esel, vom Löwen beauftragt, teilte die beachtliche Beute gewissenhaft in drei gleiche Teile und bat den König der Tiere, zu wählen. Daraufhin wurde jener zornig, riß den Esel in Stücke und beauftragte nun den Fuchs mit einer neuen Aufteilung. Der trug alles zusammen, legte den Esel zuoberst und bat nur um einen ganz kleinen Teil von der Beute.
»Gut, mein Freund«, brummte der Löwe zufrieden, »sage mir nur noch: ›Wer hat Dich so weise teilen gelehrt?‹« - »Das Schicksal des Esels...«

Logorrhoe...bezeichnet umgangssprachlich - abgeleitet vom griechischen »logos« (das Wort) und »rheos« (fließen) - den sogenannten »Sprechdurchfall«, eine krankhafte Geschwätzigkeit, den nachgerade zwanghaften Drang, sich übermäßig verbal zu vermitteln. Bei manchen psychischen Erkrankungen oder übermäßigem Genuß von Alkohol, Koffein oder anderen Drogen kommt es gelegentlich zu einem nahezu ununterbrochenen und übermäßig schnellen Redefluß, der kaum noch gedankliche Zusammenhänge erkennen läßt. Oft geht es dabei nur um Redundanz, Polemik oder permanente Uneinsichtigkeit, ein »Reden um des Redens Willen«.

LokusDas »Örtchen« heißt auch auf Lateinisch »locus« (Ort). Es ist verkürzt aus »locus necessitas« (der Ort der Notdurft).

Lorbaß...nannte man ursprünglich einen typisch ostpreußischen Charakter, einen frechen Jungen, einen Lümmel und Taugenichts. Die freundlich-schelmische Anrede, bei der ein kleineres Fehlverhalten fast schon verziehen ist, gebrauchte man oft bei Kindern, deren schlitzohriges Tun die Eltern weniger zum Schimpfen, denn zum Schmunzeln reizte. Leider ist dieses schöne Wort, das auf das auf litauische »liùrbis«, lettisch »lurbis« zurückgeht, zusammen mit Ostpreußen weitestgehend untergegangen.

Lorbeeren erntenIn der Antike war der Lorbeerkranz Zeichen des Ruhmes erfolgreicher römischer Feldherren, auch die Sieger der Pythischen Spiele in Delphi erhielten für ihr Können ein solches Zeichen der Ehre. Renaissance-Kaiser übernahmen diese Sitte, um ihre Dichter zu ehren. Seit dem 18. Jahrhundert forderte man, statt des fremdländischen Lorbeers den heimischen Eichenkranz als Auszeichnung zu verwenden. Dieser wurde im 19. Jahrhundert als Siegeszeichen deutscher Turner eingeführt - die Wendung »Lorbeeren ernten« behauptete sich dennoch.

LoreleyDie verführerisch schöne Sagengestalt hat ihren Namen von dem gleichnamigen Felsen im Rhein bei St. Goarshausen. »Lei« kommt aus dem Mittelhochdeutschen und bedeutet »Schieferstein, Fels«, »Lore« oder »Lure« bedeutete »Lauer, Hinterlist«. Zusammengesetzt ergibt sich also ein »Felsen der Hinterlist, hinterlistiger Felsen«. Clemens von Brentano und Joseph von Eichendorff haben sich schon von dem Felsen inspirieren lassen, mit Heinrich Heines (1797-1856) Gedicht »Die Loreley« wurde die Figur anno 1824 populär:

 »Ich weiß nicht, was soll es bedeuten,
  Daß ich so traurig bin;
  Ein Märchen aus alten Zeiten
  Das kommt mir nicht aus dem Sinn.
  Die Luft ist kühl und es dunkelt,
  Und ruhig fließt der Rhein;
  Der Gipfel des Berges funkelt
  Im Abendsonnenschein.

  Die schönste Jungfrau sitzet
  Dort oben wunderbar,
  Ihr goldnes Geschmeide blitzet,
  Sie kämmt ihr goldenes Haar.
  Sie kämmt es mit goldenem Kamme
  Und singt ein Lied dabei;
  Das hat eine wundersame,
  Gewaltige Melodei.

  Den Schiffer im kleinen Schiffe
  Ergreift es mit wildem Weh;
  Er schaut nicht die Felsenriffe,
  Er schaut nur hinauf in die Höh.
  Ich glaube, die Wellen verschlingen
  Am Ende Schiffer und Kahn;
  Und das hat mit ihrem Singen
  Die Loreley getan«.

Lorke...schimpfte einst der Berliner, wenn ihm statt aromatischem Kaffee in der Tasse eine dünne, quasi undefinierbare Flüssigkeit gereicht wurde. Heute gießt man das Zeug für teuer Geld in ein Glas und nennt es »Latte Macchiato«...

Losbücher...enthielten Orakelsprüche, die vor allem der Unterhaltung dienten. Sie bauen auf römische und griechische Wahrsagebücher und -traditionen auf, wie z.B. das deutsche »Sortilogium, so hebet sich hie an gar ain aubentürliches und schons loßpuch« (um 1482) aus Ulm.

Loseisen...mußten wir schon manchen, der sich so richtig schön »festgequatscht« hatte, aus den Fängen des Gastgebers: Im Mittelalter wurden Gefangene bisweilen nicht nur eingesperrt, sondern oft auch zusätzlich noch angekettet. Sollte er befreit werden, mußten ihm zunächst die eisernen Fesseln abgenommen werden.

Lostage...sind insgesamt 84 Tage im Jahr, die für den Volksaberglauben besonders wichtig waren. Diese Tage sollen wetterbestimmend für den folgenden Zeitraum sein, weiter sind alle Kirchenfesttage, die Rauhnächte, der Siebenschläfer (27. Juni) und die »Gestrengen Herren« dazuzuzählen. Daher stammen wohl auch die Bauernregeln.

Lotterleben...nennt der Volksmund ein einfaches, faules Dasein ohne allzuviel Arbeit, das oft Menschen führen, die sich eher wenig um gesellschaftliche Konventionen scheren. Lange Zeit schrieb man den Begriff fälschlich dem einstigen Leipziger Bürgermeister und Architekten Hieronymus Lotter (1497-1580) zu, der ein Haus so schlampig konstruiert hatte, daß es nach nur zwei Jahren wieder abrißreif war. Als er auch den Bau der Augustusburg nicht rechtzeitig fertigstellen konnte, wurde er aus dem Amt des kurfürstlichen Baumeisters entlassen. Das »Lotterleben« geht indes auf das althochdeutsche »lotar« zurück, was soviel wie »leichtfertig, schlaff, nichtig« bedeutet. Im Mittelhochdeutschen war ein »loter« oder »lotter« ein Gaukler und Schelm, ein Taugenichts.

Lückenbüßer...nennen wir gemeinhin einen Notbehelf, eine Übergangslösung oder ein Provisorium. Der Begriff hat oft einen negativen Beigeschmack - bedeutet er doch meist, unfreiwillig für einen anderen einspringen zu müssen. Aber der »Büßer« hat hier nichts mit Bestrafung zu tun, sondern geht auf das mittelhochdt. »büezen« (ausbessern, flicken) zurück. Im Alten Testament lesen wir: »Factum est autem cum audisset Sanaballat quod ædificaremus murum iratus est valde et motus nimis subsannavit Iudæos« - »Da aber Saneballat vnd Tobia vnd die Araber vnd Ammoniter vnd Asdoditer höreten, das die mauren zu Jerusalem zugemacht waren vnd das sie die lücken angefangen hatten zu büssen, wurden sie seer zornig« (Nehemia 4.1). Der »Lückenbüßer« ist also jemand, der für einen anderen »in die Bresche springt«, um damit eine gefährliche Lücke zu schließen.

Lügen haben kurze BeineHinter diesem Sprichwort steckt wohl die äußerst optimistische Annahme, daß man mit ständigen Lügen nicht weit käme, ähnlich wie auf zu kurzen Beinen: Unzutreffende Informationen verfügen über Extremitäten von nur minimalem Aktionsradius. Der Lügner verstrickt sich solange in seinem Gestrüpp aus Lügen, Widersprüchen und Ausreden, bis er seinem Schicksal nicht mehr entrinnen, nicht mehr »davonlaufen« kann. Man kommt halt nicht allzu schnell voran, irgendwann wird einen die Wahrheit einholen. Das ist allerdings eher symbolisch gemeint: Im »richtigen« Leben kann, wer nur skrupellos genug ist, durchaus erheblich weiter kommen, als einer, der sich immer nur treu und brav an Recht und Gesetz hält...

Lügen wie gedruckt...drückt einen weitverbreiteten Vorbehalt gegen den Wahrheitsgehalt insbesondere von Zeitungen mit all ihren vorgeblichen Sensationen aus: Schon den frühen Druckerzeugnissen mißtraute man oft - man war einfach die mündliche Überlieferung gewohnt, bei der der persönlich anwesende Erzähler für die Wahrheit seiner Worte bürgte.
Daran angelehnt soll Reichskanzler Otto von Bismarck (1815-98) einst bemerkt haben: »Es wird vielleicht auch dahin kommen, zu sagen: ›Er lügt wie telegraphiert‹.« Von altersher wird »lügen« gern durch allerlei Zusätze bekräftigt, etwa »Lügen, daß sich die Balken biegen«.

Lügen, daß sich die Balken biegen...bringt das ganze Ausmaß einer ausgesprochenen Unwahrheit recht plastisch zum Ausdruck: Wer lügt, nimmt moralisch eine schwere Last auf sich - so wie die Balken eines Hauses, die das Dach tragen und durch Biegen früher oder später den Einsturz verursachen würden. Die sich biegenden Balken sind bereits aus dem Mittelalter bekannt, bei Abraham a Sancta Clara (1644-1709) findet sich beispielsweise die Variante »Wann zu einer jeden Lug allzeit sollte bey dem Verkaufen sich ein Baum biegen, so wurde in kurtzer Zeit ein ganzer Wald bucklet«.
Andere setzen die Lüge mit einem Vertrauensbruch gleich - die Freundschaft ist danach so beschädigt wie ein Haus mit verbogenen Balken.

Luftbuchung...nennen wir eine Buchung ohne tatsächlichen geschäftlichen Hintergrund in meist betrügerischer Absicht: Geschäfte werden frei erfunden, um höhere Umsätze vorzutäuschen, höhere Kreditlinien zu erschwindeln, die eigentliche Herkunft des Geldes zu verschleiern oder tatsächliche Einnahmen nicht versteuern zu müssen.

Luftikus...nennt der Volksmund scherzhaft jemanden, der sich durch Leichtsinn und Unzuverlässigkeit besonders auszeichnet, einen oberflächlichen, unbekümmerten Zeitgenossen. Der Begriff kommt wohl aus der Studentensprache des 19. Jahrhunderts, die viele Wörter - hier eben »luftig« - mit einer willkürlichen latinisierenden Endung zusammensetzte.

Luftnummer...nennen wir verächtlich ein Vorhaben, das - vollmundig angekündigt - einer näheren Überprüfung nicht standhält und sich sprichwörtlich »in Luft auflöst«, ohne daß etwas Substanzielles geschieht. Ursprünglich ging es dabei um schwierige akrobatische Nummern von Trapezkünstlern im Zirkus.

Luftschlösser bauen...wir, wenn wir optimistische, übermütige Pläne oder unrealistische Träume haben. Egal, ob wir vom Traumprinzen oder vom Millionengewinn im Lotto träumen - die Wahrscheinlichkeit, daß dieser Traum in Erfüllung geht ist denkbar gering.
Bereits der deutsche Chronist, Publizist, Geograph, Theologe und Sprichwortsammler Sebastian Franck (1499-1542) schrieb anno 1541 über das Thema »Ein Schloß in der Lufft bawen...«, was etwa bedeutete »auf dem Dachboden sitzen und träumen«.
Paul Lincke ließ in der Operette »Frau Luna« singen: »Schlösser, die im Monde liegen, bringen Kummer, lieber Schatz« und spielte auf die Wirklichmachung von Luftschlössern an.

Lukullisches MahlDer römische Feldherr und Konsul Lucius Licinius Lucullus (um 117-56 a.C.) führte nicht nur um 79 a.C. den Kirschbaum aus Kleinasien nach Europa ein, sondern selbst ein sehr luxuriöses Leben. Daher spricht man auch von einem »lukullischen Mahl«, wenn man ein üppiges und genußreiches Essen beschreibt.

Lunte riechenDieser Ausdruck aus der Ganovensprache meinte ursprünglich, eine Gefahr zu wittern, eine Bedrohung frühzeitig zu erkennen - das konnte man im wahrsten Sinne des Wortes bei Kanonen und Feuerwaffen des 16. Jahrhunderts. Diese wurden mit einem langsam glimmenden Docht, der an einem Stab befestigt war, gezündet. Diese »Lunte« hatte einen charakteristischen scharfen Geruch, sie verriet oft den Standort eines verborgenen Geschützes, auch wenn man den Schützen nicht sah, sodaß man möglicherweise noch Zeit hatte, sich in Sicherheit zu bringen. Auch bei der Jagd konnten Tiere bisweilen rechtzeitig die glimmende Lunte riechen und flüchten.

Lusche...kann sowohl ein Los oder eine Spielkarte ohne Wert sein, als auch ein Mensch, der nichts zustandebringt. Im Bairischen und Schlesischen war die »Lusch« eine Hündin - möglicherweise gibt es hier einen Zusammenhang zum lateinischen »canis« (Hund) - beim antiken Würfelspiel der Wurf mit der geringsten Augenzahl. Zunächst übertragen auf Spielkarten entstand schließlich das Schimpfwort für einen Taugenichts.

LuserDas Kunstwort aus »Loser« (Verlierer) und »User« (Benutzer, Anwender) entstand etwa 1975 am »Massachusetts Institute of Technology«, nachdem jemand es lustig fand, eine Statusmeldung beim Einloggen eines Users in das System zu verändern. Es gab die Anzahl der aktiven Benutzer aus (User), nach dem Systemeingriff begrüßte es den neuen User mit der Anzahl der aktiven Loser. Nach vielen Beschwerden und anderen Turbulenzen fand man den Begriff Luser akzeptabel.

LynchenWährend des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges lag die Rechtspflege des Landes naturgemäß weitgehend lahm. Der Bürger Charles Lynch, der sich 1780 um der Gerechtigkeit willen selbst zum Friedensrichter des Kreises Bedford/Virginia ernannt hatte, ließ sowohl englandtreue Loyalisten als auch vermeintlich Kriminelle ohne ordentliches Gerichtsverfahren (meist durch Auspeitschen) bestrafen. 1782 befand die Bundesregierung, Lynch sei in Kriegszeiten zu seiner Handlungsweise durchaus berechtigt gewesen, und sprach ihm uneingeschränktes Lob aus. 50 Jahre später waren seine meist milden Urteile vergessen; man erinnerte sich nur noch daran, daß er Selbstjustiz geübt habe und mißbrauchte so seinen Namen für die berüchtigte »Lynchjustiz«:



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