3950 Sprichwörter, Redewendungen, Idiome, geflügelte Worte



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P

Pack schlägt sich, Pack verträgt sich...drückt aus, daß manch eher schlicht gestrickte Menschen sich schonmal recht schnell und kräftig in den Haaren - und im nächsten Augenblick verzeihend in den Armen liegen, wieder »ein Herz und eine Seele« sind. Und wenn's denn mal hart auf hart kommt, halten sie ohnehin zusammen »wie Pech und Schwefel« - bis zum nächsten Mal. Ein Phänomen, das neben dem Beziehungsstreß auch mehr und mehr Politiker verschiedener Couleur befällt - jedenfalls immer Leute, die sich nicht anders zu helfen wissen oder nicht in der Lage noch überhaupt gewillt sind, ihre Machtphantasien adäquat zu lösen. Mitunter kann solcher Zoff ja ganz unterhaltsam sein, aber die immer wieder neu aufgelegte Seifenoper wird halt auch immer langweiliger...
Grundlage des Sprichwortes ist die Soldatensprache des 15. Jahrhunderts: Ursprünglich meinte man das Heeresgepäck, das ganz am Ende der Einheit mitgeschleppt wurde. Hierzu gehörte immer auch ein gewaltiger Troß von Zivilisten, der für die Versorgung der Truppe zuständig war, sowie vor allem die Familien der Soldaten, die der Armee nachreisten und viele Flüchtlinge, Marodeure und Prostituierte. Diese Leute hatten hei den kämpfenden Soldaten wenig Ansehen und wurden als »Bagage« (frz. Gepäck) oder »Pack« im Sinne von »Gesindel, Abschaum, Pöbel« tituliert.

Päpstlicher als der Papst...ist jemand, der ein Gesetz oder eine Vorschrift überaus genau beachtet, noch genauer, als selbst der Papst eines seiner biblischen Gebote nehmen würde. »Ich kann nicht päpstlicher sein als der Papst«, sagte einst die Fürstin Twerskaja in Leo Tolstois (1828-1910) »Anna Karenina«. In der abgewandelten Form »Katholischer als der Papst« verwendete es 1887 auch Otto von Bismarck (1815-98). Nachgewiesen ist auch das ähnliche Zitat »Il ne faut pas être pius royaliste que le roi« - »Man muß nicht königlicher als der König sein«. Nach dem französischen Schriftsteller und Politiker François René Vicomte de Chateaubriand (1768-1848) stammt dieser Spruch von Ludwig XVI.

PalaverDie - oft sinnlose - Diskussion oder Besprechung hat ihren Ursprung im lat. »parabola« (Erzählung, Bericht): Portugiesische Händler brachten einst den Begriff nach Afrika, wo er als »palavra« von Eingeborenen aufgenommen und für »langwierige Verhandlungen« benutzt wurde. Mit dieser Bedeutung kehrte der Begriff Ende des 18. Jahrhunderts durch englische Seeleute nach Europa zurück.

Pantoffelheld...titulierte man früher den sogenannten »Neuen Mann«, den »Frauenversteher«, der immer und ewig kuschen wird, wenn frau etwas sagt, sein Lebtag niemals eine eigene Meinung haben wird: Trug ein Mann im 19. Jahrhundert lieber Pantoffeln (franz. »pantoufle«), die gemütlich-bequemen Hausschuhe statt Stiefeln und erlebte er seine »Heldentaten« eher hinter dem heimischen Herd denn auf dem Schlachtfeld, wurde er gern mit diesem Ausdruck deklassiert. Auch wenn die »political correctness« momentan etwas anderes behauptet: Damals wie heute hatte natürlich die Hausfrau - allzeit bereit, beim kleinsten Widerspruch zuzuschlagen - auch ganz gern mal den Pantoffel in der Hand...

Paparazzi...nennen wir sensationslüsterne Pressephotographen, die für die unzähligen Revolverblätter den selbsternannten »Prominenten« nachstellen. Das Wort stammt ursprünglich aus dem Film »Das süße Leben« (1960) von Federico Fellini (1920-93): Namensgeber für eine Filmfigur war Hotelier Coriolano Paparazzo aus Catanzaro/Kalabrien, welcher seinerzeit in dem Reiseführer »By the Jonian Sea« erwähnt wurde. Mit der Zeit wurde aus dem Namen quasi eine Berufsbezeichnung.

Papier ist geduldigVon der Planung eines Vorhabens (auf dem Papier) bis zur Ausführung kann eine ewig lange Zeit vergehen. Vieles, was einmal schriftlich vereinbart wurde, wird nicht eingehalten, es wird allzuviel geschrieben, was nicht stimmt: »Epistula non erubescit« wußte denn bereits der berühmteste Redner Roms, der Politiker, Anwalt und Philosoph Marcus Tullius Cicero (106-43 a.C.) in einem Brief zu berichten. Die wörtliche Übersetzung lautet: »Ein Brief errötet nicht«. Oder auch: »Ein Brief kann nicht schamrot werden«. Das stimmt wohl. Also müssen wir uns weiter in Geduld üben...

Papiertiger...nennen wir vermeintlich mächtige, einflußreiche Zeitgenossen, die bei näherer Betrachtung praktisch bedeutungslos sind, tatsächlich überhaupt keine Macht haben, weil sie sich selbst blockieren und handlungsunfähig machen. Das kommt insbesondere in Politik und Behörden weit öfter vor, als man glauben mag - ganz einfach, weil man dort dank überbordendem Bürokratismus kaum noch zu greifbaren Ergebnissen gelangt, sondern lediglich vorgibt, irgendwas erreichen zu wollen. Auch technische Gegenstände, die buchstäblich nur »auf dem Papier« etwas erbringen, das in der Realität eigentlich ausgeschlossen ist, werden als »Papiertiger« bezeichnet. Der Begriff geht auf den »Großen Vorsitzenden« Mao Tsê-tung (1893-1976) zurück, der in seinem »Die Worte des Vorsitzenden Mao« sagt: »Der Imperialismus und alle Reaktionäre sind Papiertiger«.

Papperlapapp...wischen wir gelegentlich eine Meinung oder Befürchtung, die Bedenken oder einfach nur leeres Gerede anderer hinweg. Die seit dem 18. Jahrhundert bezeugte Interjektion kommt von »pappeln, babbeln« (plappern, schwatzen); auch die »Pappeln« (die Bäume), die beim kleinsten Windhauch mit ihren Blättern »wispern«, sich zu unterhalten scheinen, mögen eine Rolle spielen, ebenso wie die »Pappe«, das seit dem 15. Jahrhundert bezeugte kindliche Lallwort für Brei als Kinderspeise oder Kleister.

Pappesatt...ist jemand, der endgültig genug hat, kurz vorm Platzen ist. Man ist so vollgefressen - alternativ auch frustriert, verärgert oder gestreßt -, daß beim besten Willen nichts mehr geht. Heute versteht man unter »Pappe« meist nur noch das aus einem Papierbrei hergestellte Verpackungsmaterial - das Wort dürfte aber auf das lateinische »pappare« = essen zurückgehen, das Synonym für den klebrigen Brei aus Mehl, mit dem kleine Kinder »aufgepäppelt« werden. In der Zeitschrift »Der Kinderfreund« des Pädagogen Christian Felix Weiße (1726-1804) ist denn auch von einer Amme die Rede, »die ihr Kind mit Pappe füttert«.

Par ordre de Mufti...bedauern wir achselzuckend, wenn wir eine nicht eben fachlich, sondern vielmehr einzig auf der Autorität eines Vorgesetzten beruhende Anweisung erhalten: Der Mufti ist ein islamischer Rechtsgelehrter und Gesetzesausleger, gegen dessen Urteil keine Berufung möglich ist. Gegen den höheren »Befehl des Mufti« kann man halt nichts machen...

Paroli bieten...wir jemandem, dem wir Widerstand entgegensetzen, wenn wir uns angegriffen fühlen, bzw. dessen Pläne wir durch unvermutete Maßnahmen zu vereiteln versuchen.
»Paroli« war (im Gegensatz zur »Parole« [Kennwort, Losung], die auf das italienische »parola« [Wort, Rede] zurückgeht) ursprünglich eine Spielkarte beim »Pharao«, einem heute fast völlig vergessenen alten Glücksspiel, das im 18./19. Jahrhundert in ganz Europa verbreitet war. Diese Karte wurde nach dem Sieg durch ein »Eselsohr« gekennzeichnet und der damit erzielte Gewinn erneut »aufs Spiel gesetzt«. Man spielt also »paro« (gleich, um den gleichen Einsatz), wobei im Italienischen »paro lì« bedeutet: »ich setze dort ein«. Daraus wurde sinngemäß »heimzahlen, nichts schuldig bleiben«. Das Risiko lohnt sich: Gewinnt der Spieler mit seiner Karte zum zweiten Mal, wird ihm von der Bank das Dreifache des ursprünglichen Satzes ausgezahlt.

PartherpfeilWir können es uns nicht verkneifen, nach einer Auseinandersetzung noch im Weggehen eine bissige Bemerkung zu machen - einen »Partherpfeil« abzuschießen: Die Parther, ein kriegerisches altes Volk auf dem Gebiet des heutigen Iran und Afghanistan, das von den Skythen abstammte und fast 500 Jahre lang vom 3. Jahrhundert a.C. bis 226 bestand, waren hervorragende Reiter und Bogenschützen. Dadurch waren sie in der Lage, noch während der Flucht tödliche Pfeile auf ihre Verfolger abzuschießen.

Patt-SituationSind wir bei einer Auseinandersetzung in eine solche geraten, gibt es weder Sieger noch Besiegte. Patt, ein Begriff aus dem Schachspiel, ist eine Sonderform des Unentschieden: Der gegnerische König steht noch nicht im Schach, würde aber mit dem nächsten Zug unweigerlich hineingeraten. Da man ihm diesen Selbstmord nicht zumuten will, ist hier ein Patt entstanden...

Pauker...nennen manche Schüler noch bis heute despektierlich ihren Lehrer - denjenigen, der ihnen in der »guten alten Zeit« öfter mal ordentlich den Hosenboden »paukte« (vom mittelhochdt. »puken« - draufschlagen, trommeln). Eine recht effektive Erziehungsmethode, die allerdings mittlerweile der Vergangenheit angehört.

Pech im Spiel - Glück in der Liebe...versuchen wir ein wenig hilflos jemanden zu trösten, der gerade eine größere Summe verzockt hat. Wer beim letzten Spiel leer ausgegangen ist, darf immerhin auf die »große Liebe« hoffen. Vielleicht ist ihm das Glück ja in anderer Weise hold und er zieht in der Liebe das sprichwörtliche »große Los«? Schade nur, daß das so selten funktioniert: Oft genug findet eher einer sein großes Liebesglück, der auch über das nötige Kleingeld verfügen kann. Wer gerade unter Liebeskummer leidet, wird hingegen recht bald feststellen, daß Trennung und Scheidung auch erhebliche pekuniäre Folgen haben.

Pechnase...nennt man eine Öffnung in den Mauern von Burgen. Dort hindurch wurde heißes Pech auf angreifende Feinde geschüttet.

PechvogelEin Unglücksvogel, den man ursprünglich mit Pech, das auf einen Ast geschmiert wurde, fing. Daneben war es auch üblich, Vögel mit Netzen oder Kloben (Fangstäbe, die die Vogelbeine oder -schwänze einklemmten) zu fangen. So wurde der »Pechvogel« zum Sinnbild für Mißgeschicke, auch der Ausdruck »Pech haben« ist darauf zurückzuführen.

PenneDieses Synonym für »Schule« ist wohl einst aus dem lateinischen »pennale« (Federkasten, -etui) entstanden.

Perlen vor die Säue werfenMit diesen Worten ermahnt einst Jesus in der Bergpredigt (Matthäusevangelium 7.6) seine Jünger: »Nolite dare sanctum canibus neque mittatis margaritas vestras ante porcos ne forte conculcent eas pedibus suis et conversi disrumpant vos«. - »Ir solt das Heiligthum nicht den Hunden geben, vnd ewre Perlen solt jr nicht fur die Sew werffen, Auff das sie die selbigen nicht zutretten mit jren Fuessen, Vnd sich wenden, vnd euch zureissen«.
Diese biblische Textstelle könnte sich auf die byzantinische Kirche beziehen, wo das geheiligte Brot traditionell zerkrümelt und zu »margaritas« - griechisch sowohl »Perle« als auch »Brotkrümel« - geformt wurde. Dieses heilige Brot und das Symbol für Reichtum und Schönheit - andererseits das »unreine« Tier, das gerade den Israeliten als Zeichen für Sünde, Unglauben und Schmutz gilt, warnt Jesus davor, seine kostbare Botschaft an die Falschen zu vergeuden. Bis heute verwenden wir das Wort, wenn wir Wertvolles, eine nette Geste oder ein Geschenk an Leute verschwenden, die dies nicht zu schätzen wissen.

Persilschein...wurde im 2. Weltkrieg für »den Gestellungsbefehl erhalten, eingezogen werden« gebräuchlich: Es war damals üblich, daß Wehrpflichtige ihre Wäsche in Waschmittelkartons mitbrachten, die man sich beim Händler um die Ecke besorgte. Den »Persilschein« als Nachweis einer makellosen politischen Vergangenheit kennen wir gerade aus der Zeit nach 1945 in Deutschland als gängige Redewendung. »Persil« war übrigens anno 1907 das erste selbsttätige Waschmittel.

PeterprinzipDer klassische Terminus der Unternehmensführung war einst ein Versuch des kanadischen Bildungsforschers Prof. Dr. Laurence J. Peter (1919-90), das Auftreten von Unfähigkeit in der Berufswelt zu erklären. Sinngemäß heißt es in seinem Buch »The Peter Principle«: »In einer Hierarchie versucht jeder Beschäftigte, bis zur Stufe seiner Unfähigkeit aufzusteigen«. Oder wie der Angelsachse es ausdrückt: »Management by Jeans« - an den wichtigsten Stellen sitzen Nieten...

Peu à peuDie aus dem Französischen übernommene Fügung bedeutet »nach und nach, allmählich« - »peu« bedeutet »wenig«. Sinngemäß läßt sich die Wendung mit »Stückchen für Stückchen« übersetzen.

Pfahlbürger...waren seit dem 12. Jahrhundert Leute, die »extra palum civitatis« (außerhalb der Stadtmauern, vor den Pfählen) wohnten. Sie genossen einige Stadtprivilegien (Bürgerrechte, Schutz etc.), entzogen sich aber weitgehend den Verpflichtungen, die die »Spießbürger« innerhalb der Stadtmauern hatten.

Pfeffer im Hintern haben...besonders temperamentvolle Damen und Herren, die sehr quirlig, lebhaft und zappelig sind.
Möglicherweise hat diese Wendung ja damit zu tun, daß man ein gutgewürztes Essen oft zweimal an den verschiedenen Schleimhäuten »spürt«. Vielleicht stellte man sich aber auch vor, jemand hätte tatsächlich eine Ladung des scharfen Gewürzes rektal verabreicht. Kein schöner Gedanke...

Pfennigfuchser...für einen Geizhals ist etwa seit dem 18. Jahrhundert gebräuchlich. »Fuchsen« geht wohl auf das lateinische »vexare« zurück, was »jemanden schütteln, plagen, quälen« hieß und sich zum heute nicht mehr gebräuchlichen »vexieren« (ärgern, quälen) entwickelte. Ein »Pfennigfuchser« ist also jemand, der streng darauf achtet, nicht allzuviel Geld auszugeben und der andere wegen »Pfennigen«, Nichtigkeiten plagt.

PferdefußBei vielen Sachen versuchen wir zu ergründen, ob ein Haken daran ist oder dahinter irgendeine Teufelei steckt. Der Teufel kann sich verkleiden, wie er will - an seinem Pferdefuß erkennen wir ihn doch. Ein Erklärungsansatz verweist auf die unheilbringenden apokalyptischen Reiter aus der biblischen Offenbarung des Johannes: Das vierte fahle Pferd, das Furcht, Krankheit, Niedergang und Tod bringt, wurde hier mit dem Teufel gleichgesetzt.

Pfiffikus...nannte die Studentensprache des 18. Jahrhunderts gewitzte, schlaue Menschen, die anstehende Probleme mit einer gewissen Lockerheit lösten. Das Wort könnte auf die Jagd zurückgehen: Ein Weidmann erkennt den zu fangenden Vogel an seinem typischen Pfiff und imitiert ihn, um das Tier anzulocken. Eine andere Deutung: Ganoven verständigten sich früher untereinander mit geheimen Pfeifsignalen.

PfingstenAm »Pentekoste«, dem (griechisch) 50. Tag nach Ostern versammelten sich die Apostel, um das altjüdische »Schawuot« zu feiern. Der heilige Geist kam über sie: »Et cum conplerentur dies pentecostes erant omnes pariter in eodem loco et factus est repente de cælo sonus tamquam advenientis spiritus vehementis et replevit totam domum ubi erant sedentes et apparuerunt illis dispertitvæ linguæ tamquam ignis seditque supra singulos eorum et repleti sunt omnes Spiritu Sancto et coeperunt loqui aliis linguis prout Spiritus Sanctus dabat eloqui illis«. - »Vnd als der tag der Pfingsten erfuellet war, waren sie alle einmuetig bey einander. Vnd es geschach schnelle ein brausen vom Himel, als eines gewaltigen windes, vnd erfuellet das gantze Haus, da sie sassen. Vnd man sahe an jnen die Zungen zerteilet, als weren sie fewrig, Vnd Er satzte sich auff einen jglichen vnter jnen, vnd wurden alle vol des heiligen Geists, vnd fiengen an zu predigen mit andern Zungen, nach dem der Geist jnen gab aus zusprechen«. (Apg. 2.1ff) An Pfingsten feiert die christliche Kirche also nicht nur die Sendung des Heiligen Geistes, sondern auch ihren eigentlichen Geburtstag.

Pfingstochse...nennt der Volksmund nach einem alten Brauch in der Vieh- und Weidewirtschaft jemanden, der gleichermaßen übertrieben wie geschmacklos gekleidet ist:
In vielen Gegenden war Pfingsten traditionsgemäß der Tag, an dem das Vieh zum ersten Mal auf die Weide getrieben wurde. Dies geschah in Form eines feierlichen Zugs oder einer Prozession durch die Gassen des Ortes und über die Felder. Das kräftigste Tier wurde festlich mit Blumen, Stroh, Bändern, Glocken und Kränzen geschmückt und führte den Zug an oder beschloß ihn.
Bis ins 19. Jahrhundert war es in ländlichen Gebieten Brauch, daß die Metzger zum Pfingstessen zusammenkamen. Aus diesem Anlaß wurde ebenfalls ein prächtig geschmückter Pfingstochse durch das Dorf getrieben, bevor er sein Ende auf der Schlachtplatte fand.
Eigentlicher Ursprung dieses Brauches dürften germanische Feste gewesen sein, mit denen unsere Vorfahren den Sommeranfang begrüßten. Damit verbunden war die Darbringung eines Tieropfers. Mit der Einführung des Christentums wurde Pfingsten auf die alten Frühlingsfeste übertragen.

Pflaumenpfingsten...ist eine ziemlich vage Zeitangabe, ein nicht näher definierter und ganz bestimmt auch niemals eintretender Tag: Zu Pfingsten gibt es halt noch keine Pflaumen! Legt irgendwer einen Termin auf »Pflaumenpfingsten«, will er damit jemanden buchstäblich auf »Sankt Nimmerlein« oder den Tag »wo Ostern und Weihnachten auf einen Tag fallen« vertrösten, ein wunderbares Paradoxon, etwas, das es einfach nicht gibt.

PflaumenzeitWenn der Sommer langsam zu Ende geht, beginnt die sogenannte Pflaumenzeit. Die dunkelblau-lila schattierten Früchte hängen jetzt reif an den Bäumen und wollen gepflückt werden. Leider hat diese Zeit im August aber nicht nur gute Seiten: Neben den derzeit allgegenwärtigen Wespen, die sich für unseren lecker Pflaumenkuchen mindestens ebenso begeistern können wie wir selbst, schaffen auch die spätsommerlichen Witterungsverhältnisse ein Reifeklima, das auf die Haltbarkeit zahlreicher schimmelanfälliger Lebensmittel oder auf die Blume und den Geschmack des Bieres wirkt, das mitunter recht schnell sauer werden kann. Selbst schwere Durchfallerkrankungen sind daher jetzt keine Seltenheit.

Pfriemeln...müssen wir gelegentlich, wenn wir intensiv (die Zungenspitze kuckt dabei oft raus...) an etwas Fummeligem werkeln, in komplizierter Kleinarbeit etwas bauen, basteln, herumprobieren. Der Begriff könnte vom »Pfriem« kommen, einer Ahle oder einer Art übergroßer Nähnadel, mit der man z.B. Schuhe nähen oder Fischernetze flicken kann. Schon der Neandertaler schuf sich aus Knochen solche Werkzeuge, die vor allem bei der Herstellung der Fellkleidung eingesetzt wurden. Sicherlich weit entfernt von industrieller Massenproduktion also.

Pfui Deibel...ist das eklig, schüttelt es uns: »Pfui« gibt lautmalerisch das Geräusch beim Ausspucken wieder. Besonders kleineren Kindern oder Hunden versuchen wir damit klarzumachen, daß etwas eklig und von uns auf gar keinen Fall erwünscht ist. Daß wir zusätzlich den »Deibel« (Teufel) anrufen, soll den Ausdruck nochmal verstärken.

PfundskerlUm ein solcher zu werden, braucht man beileibe keine »Abdominale Adipositas« - der »Pfundskerl« ist ganz einfach ein fröhlicher, gutgelaunter und hilfsbereiter Mann, auf den man sich immer verlassen kann: Zu seinem Namen kam er um das Jahr 1900, als in Berlin das Modewort »pfundig«, was soviel wie »klasse« bedeutet und im Süden noch immer gebräuchlich ist, entstand.

PharisäerDie Bezeichnung für einen hochmütigen, selbstgerechten, heuchlerischen Menschen stammt aus Lukas 18.10f, wo ein Pharisäer betet: »Duo homines ascenderunt in templum ut orarent unus Pharisæus et alter publicanus. Pharisæus stans hæc apud se orabat Deus gratias ago tibi quia non sum sicut ceteri hominum raptores iniusti adulteri vel ut etiam hic publicanus«. - »Es giengen zween Menschen hinauff in den Tempel zu beten, Einer ein Phariseer, der ander ein Zoelner. Der Phariseer stund vnd betet bey sich selbs also, Jch dancke dir Gott, das ich nicht bin wie die andere Leute, Reuber, Vngerechte, Ehebrecher, oder auch wie dieser Zoelner«.

Philister...titulieren wir heute nur noch gelegentlich diese überkorrekten Nörgler, Besserwisser und Spießer, die ausschließlich ihr eigenes verquastes Weltbild zum Maß aller Dinge erklären.
Im Altertum war das Volk der »Philister« (hebr. »Pelischtim«), das sich im 12. Jahrhundert a.C. im Küstengebiet Südpalästinas ansiedelte, der ärgste Feind des auserwählten Volkes. Zum gängigen Ausdruck wurde es im 17. Jahrhundert durch Studenten, die sich (im Konflikt mit den Bürgern) als auserwählt verstanden und ihre Gegner als »Philister« ansahen und ansprachen.
Der Schriftsteller Wladimir Nabokow (1903-78) schmähte Kritiker seines Romans »Lolita« einst als »notorische Zankteufel und alte Philister« und erwiderte auf die Frage, was ein Philister denn sei: »vorgefertigte Seelen in Plastiktüten«.

Phlegmatiker...sind langsam und bedächtig reagierende, bisweilen bis zur Kaltblütigkeit gleichgültige Menschen, einer der vier Persönlichkeitstypen der antiken Temperamentenlehre. Diese Temperamente, die als seelischer Ausfluß des Mischungsverhältnisses der verschiedenen Körpersäfte aufgefaßt wurden, bezeichnete der griechische Arzt und Philosoph Hippokrates (460-377 a.C) als aufbrausende Choleriker (griechisch chole: Galle), schwermütige und schwärmerische Melancholiker (griechisch melas: schwarz und chole: Galle), Phlegmatiker (griechisch phlegma: Schleim und Brand) und wechselhafte Sanguiniker (lateinisch sanguis: Blut).

Pi mal Daumen...spielt auf die Wendung »übern Daumen peilen« für »so ungefähr, nach grober Schätzung« an und verwendet dabei scherzhaft das Grundmuster einer mathematischen Formel mit der Kreiszahl π (Pi), die der Schweizerische Mathematiker Leonhard Euler (1707-83) im Jahre 1738 erstmals für das Verhältnis von Kreisdurchmesser zu Kreisumfang verwendete. Der ausgestreckte Daumen wurde einst als Hilfsmittel zur Entfernungsbestimmung benutzt. Auch π - eigentlich Inbegriff einer extrem genauen Zahl mit unendlich vielen Nachkommastellen - ist nur eine relativ »ungefähre« Zahl, da sie nur gerundet (3,1415926...) verwendet werden kann. Entsprechend lebt die Wendung von der Ironie, einen Schätzwert mit einem unendlich genauen Wert zu multiplizieren. Die Antwort führt zwar zu einem weitgehend brauchbaren Ergebnis, enthält aber sicherlich Fehler.

Picobello...ist etwas, das tadellos, einwandfrei, ordentlich aussieht. Der Ausdruck kommt aber keineswegs aus dem Italienischen, wie man vielleicht vermuten könnte, sondern ist vielmehr eine scherzhafte Italienisierung des niederdeutschen »piekfein« und setzt sich wohl aus »picco« (Spitze, Bergspitze) und »bello« (schön, schick) zusammen.

Piefke...nennt der Österreicher zuweilen den spießigen Deutschen nördlich des Weißwurstäquators. Wir selbst meinen damit eher scherzhaft einen Prahler oder Wichtigtuer. Das Symbol für den zackigen, korrekten Preußen dürfte seinen Ursprung in der Niederlage des Deutschen Bundes mit Österreich im Deutschen Krieg 1866 haben: Der Militärmusiker Joh. Gottfried Piefke (1815-84) komponierte zur Feier des preußischen Sieges den Königgrätzer Marsch, den er zusammen mit seinem Bruder Rudolf am 31. Juli 1866 bei Wien anläßlich einer Parade vor Wilhelm I. dirigierte. Unter den Wienern soll der Ruf »Die Piefkes kommen« zum Sinnbild für 50.000 marschierende Preußen geworden sein, die auf die österreichischen Mitstreiter einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen hatten.

Piekfein...ist umgangssprachlich jemand (oder etwas), der ausnehmend elegant oder vornehm auftritt. Das Wort kam wohl im 19. Jahrhundert aus dem Niederdeutschen, das mittelniederländische »puiken« (»pflücken« im Sinne von »aussuchen«) war eine in der Hanse gebräuchliche Qualitätsbezeichnung für besonders hochwertige Erzeugnisse.

PiesackenDas Synonym für »jemanden quälen, malträtieren, drangsalieren, plagen, triezen, wehtun« geht auf den pfalz-neuburgischen kaiserlichen Regimentsfeldscherer Diederich Pies (1590-1666) aus Dommershausen, den Begründer der modernen Chiropraktik und Stammvater der Hunsrücker Knochenflicker, der sich im Dreißigjährigen Krieg Kenntnisse als Wundarzt, in der Knochenheilkunde und Salbenherstellung aneignete, zurück. Seine Heilkunst ist sprichwörtlich in den deutschen Sprachschatz eingegangen - schließlich hat er manchen Schmerz zugefügt, wenn er seine Patienten einst ohne jegliche Betäubungsmittel behandeln mußte. Nicht studierte Knochheilkundige werden im Mosel-, Eifel- und Hunsrückgebiet noch bis heute »Pies« (nach dem mittelniederdeutschen »pese« - Sehne, davon »pisacken« - plagen) genannt. Möglicherweise wurde der Familienname wegen der in der über 1100jährigen Geschichte von zahlreichen Familienmitgliedern ausgeübten Tätigkeit gewählt. Eine völlig andere Deutung kommt vom niederdeutschen »Ossen-Pesek« - dem Ochsenziemer, einer Peitsche, die früher aus dem Penis eines Bullen gefertigt wurde - oder dem rotwelschen »pisseach« (lahm, krumm), jemanden so zurichten, daß er lahm und krumm geht.

Piesepampel...sagen manche zu einem charakterschwachen, ungeschickten Zeitgenossen. Dieses Schimpfwort könnte von »bammeln« (schlaff herabhängen) und »Piesel« (Penis) abstammen und somit ein Verwandter des »Schlappschwanzes« sein.

Pinkepinke...sagen wir manchmal salopp, wenn von Geld die Rede ist. Das Wort geht möglicherweise auf das hebräische »Pinkas« (Reichtum) zurück, andere leiten es vom rotwelschen »Penunge, Penunse« ab oder auch vom polnischen »pek« (Bündel) oder »Pieniądze«, was wiederum Geld heißt. Vielleicht stand aber auch einfach das lautmalerische Klimpern der Münzen Pate. Bekannt ist der Begriff vor allem aus einem alten deutschen Karnevalsschlager:

 »Wer soll das bezahlen?
  Wer hat das bestellt?
  Wer hat soviel Pinke Pinke?
  Wer hat soviel Geld?«

Pißnelke...nennt mancher reichlich uncharmant ein Mädchen, das bei den Herren der Schöpfung gewisse Erwartungen weckt, aber nicht erfüllt und also als prüde gilt. Die Herkunft bleibt unklar, eine gewisse optische Ähnlichkeit der kleinen Schamlippen mit den faltigen Blättern der Nelke wird zuweilen genannt - wahrscheinlicher ist aber eine Ableitung vom französischen »Pissenlit« - dem Löwenzahn (Taraxacum, auch »Kuh- oder Pusteblume«), der dank seiner stark entwässernden Wirkung bei übermäßigem Konsum dazu führen kann, daß man ins Bett (frz. »lit«) macht.

Pizza MargheritaIm 17. Jahrhundert brachte die Mätresse des in Neapel residierenden spanischen Vizekönigs die Pizza an den Hof. Lange Zeit bereitete man diese nur mit Tomaten, Knoblauch, Öl und Oregano zu. Als Königin Margherita von Savoyen (1851-1926) anno 1889 zu einem Besuch in der Nähe von Neapel weilte, ersann Raffaele Esposito, der beste Pizzabäcker der Stadt, ihr zu Ehren eine Pizza in den italienischen Nationalfarben. Er verzierte den roten Tomatenbelag mit grünem Basilikum und weißem Mozzarella. Die Königin war so begeistert, daß fortan diese Pizza ihren Namen tragen durfte.

Platonische LiebeGeht natürlich auf Platon (um 427-347 a.C.) zurück, der auf einem Gastmahl das Wesen der Liebe erörtern läßt. Er selber definiert es anschließend als Streben nach Vollkommenheit. Heute wird der Begriff für Liebe unter Personen verschiedenen Geschlechts ohne sinnliches Begehren verwendet.

Platz ist in der kleinsten Hütte...sagen wir gelegentlich, um auszudrücken, daß es wichtigere Werte gibt, als in protzigen Villen zu leben. Der Spruch geht auf Johann Christoph Friedrich von Schillers (1759-1805) Gedicht »Der Jüngling am Bache« zurück, wo es am Ende heißt:

 »Komm herab, Du schöne Holde,
  und verlaß Dein stolzes Schloß!
  Blumen, die der Lenz geboren,
  schütt ich Dir in Deinen Schoß.
  Horch, der Hain erschallt von Liedern,
  und die Quelle rieselt klar.
  Raum in der kleinsten Hütte
  für ein glücklich liebend Paar«.

Playbackhose...oder auch »Taubstummenhose« ist die volkstümliche Umschreibung für eine im Schritt äußerst eng sitzende Damenhose: Man sieht zwar ganz deutlich, wie sich die Lippen bewegen - aber man hört nichts...

Pleitegeier...nennen wir augenzwinkernd den Adler oder »Kuckuck«, der auf dem alten amtlichen Pfandsiegel des Gerichtsvollziehers zu sehen war. Das Synonym für Zahlungsunfähigkeit hat seinen Namen vom hebräischen »p'leta(h)« (Rest, Überbleibsel, Rettung, Entrinnen). Aus dem Rotwelschen ist im 18. Jahrhundert »Blede machen« (durchgehen, entfliehen) belegt. Die Bedeutungsänderung zum Bankrott entstand wohl dadurch, daß sich der Schuldner nur durch Flucht vor seinen Gläubigern retten konnte. Der »Pleitegeier« ist deshalb eigentlich auch gar kein Vogel - vielmehr stammt der »-geier« von der jiddischen Aussprache der Silbe »-geher« ab.

Plemplem...ist umgangssprachlich eher wohlwollend jemand, der nicht recht bei Verstand, unvernünftig, ein bissl dümmlich, nicht ganz richtig im Oberstübchen ist. Die Herkunft dieses schönen Wortes ist unklar - manche vermuten einen Zusammenhang mit der »Plempe«, einem dünnen, gehaltlosen Getränk oder mit »plempern«, die Zeit mit unnützen Dingen vertun.

Plörre...nennt man in manchen Gegenden eine eher unappetitliche Flüssigkeit, einen billigen »Château Migraine«, bei dem man allein schon vom Anschauen Kopfschmerzen bekommt. Der norddeutsche Ausdruck könnte vom französischen »la pleur« (Träne) ebenso abgeleitet sein, wie vom niederdeutschen »plör« (weinen, verschütten).

PolterabendDas seit etwa 1400 bekannte Verb »poltern«, das von lautmalerischen Worten wie »buldern, boldern« abstammt, heißt »rumpeln, Geräusche machen«; wenig später kam noch die Bedeutung »aufbrausen, laut werden, schimpfen« dazu. Das lautstarke Scheppern soll Poltergeister vertreiben. Einem alten Aberglauben nach sind das Spukerscheinungen, die mit infantilem Schabernack für Lärm, Unordnung und Zerstörung sorgen. Der Polterabend demonstriert den Dämonen, daß sie überflüssig sind und vertreibt sie. Deshalb lassen sich viele Brautleute neue, edle Eß-Services schenken, jetzt besteht ja keine Gefahr mehr, daß die Kobolde das Porzellan zerschlagen.

Pomadig...nennt man jemanden, dem alles gleichgültig zu sein scheint. Ob das auch jemand ist, der sich jede Menge Gel in die Haare schmiert? Nein, das Wort kommt aus dem Polnischen. »Po malu« heißt da »allmählich«. Ein pomadiger Typ hat die Ruhe weg.

Popanz...nennen wir umgangssprachlich jemanden, der alles mitmacht oder mit sich machen läßt. Das Wort entstand wohl aus dem tschechischen »bukak« und war ursprünglich eine ausgestopfte Puppe, die als Kinderschreck verwendet wurde. Seit dem 16. Jahrhundert ist das Wort auch in Deutschland gebräuchlich für Popelmann, Poppelhans (aus Puppe und Hans).

PopeligMan ist versucht, bei etwas kleinem, unbedeutenden an die Nase zu denken, doch das Wort geht auf das lateinische »populus«, das Volk, zurück. Der »Pöbel« bekam die Verachtung der Reichen und Mächtigen zu spüren. Besaß er etwas, war das »popelig«, unwichtig und verachtenswert.

Popöchen, Popöchen...stammt aus einem uralten Kalauer:
Ein Mann kommt in die Klapsmühle, weil er sich mit seinen Gliedmaßen nicht mehr auskennt. So hält er zum Beispiel seinen linken Arm für sein rechtes Bein...
Nach einem halben Jahr wird er vom Chefarzt untersucht. Der freut sich: »Sie sind völlig in Ordnung, wie haben Sie das gemacht«?
Tippt sich der Patient an die Stirn und strahlt: »Popöchen, Popöchen!«

Posemuckel...nennt der Volksmund seit dem 19. Jahrhundert einen unbedeutenden Ort ohne jede Relevanz, ein verschlafenes Nest, das keiner kennt und wo keiner hin will. Anders als »Klein-Kleckersdorf«, wo sich Fuchs & Hase »Gute Nacht« sagen, oder das bairische Synonym »Hintertupfing«, gibt es »Posemuckel« tatsächlich: In Brandenburg, etwa 100 km östlich der Oder (heute Polen), liegen die beiden Dörfer Groß- und Klein-Posemukel (»Podmokle Wielkie/Male«), abgeleitet vom polnischen »podmokly« (feucht, naß). Die Ursprünge der slawischen Siedlung reichen bis ins 10. Jahrhundert zurück.

Potemkinsche Dörfer...nennen wir etwas, das hübsch herausgeputzt den eigentlich lausigen Zustand verbergen soll.
Grigori Alexandrowitsch Fürst Potjomkin (1739-91), russischer Politiker, Feldmarschall und Günstling Katharinas der Großen war Namensgeber dieser Täuschung. Als die Zarin das 1783 neueroberte Krimgebiet besichtigen wollte, ließ er angeblich Scheindörfer aus bemalten Kulissen errichten und bevölkern, um sie mit seinen Erfolgen zu beeindrucken, ihr so den Wohlstand des Landes vorzutäuschen und sie vom wahren Zustand der Region abzulenken. Durch Gegner Potjomkins am Hofe lanciert, hielt man die bloßen Verleumdungen lange Zeit für die Wahrheit.

PreisgebenDas seit dem 16. Jahrhundert bezeugte Wort für »ausliefern, aufgeben, im Stich lassen, verraten« enthält das dem Französischen entlehnte und eingedeutschte »prise« (Weggenommenes, Beute). Es übersetzt »donner [en] prise« und bedeutet demnach eigentlich etwa »zum Nehmen, zur Beute hingeben«.

Prinzip Hoffnung...ist der Titel des Hauptwerkes des Philosophen Ernst Bloch (1885-1977). Er wird häufig zitiert, wenn in einer Situation nichts mehr weiter getan werden kann, als auf einen glücklichen Ausgang zu hoffen. Dies entspricht allerdings nicht der Intention des Autors, der eigentlich mit dem »Prinzip Hoffnung« ein bewußtes und aktives Einwirken auf gesellschaftliche Prozesse, eine konkrete Utopie verband.

PrinzipienreiterGrundsätzlich ist es ja gar nicht so schlecht, Prinzipien - Grundsätze, feste Regeln, an die man sich hält - zu haben. Heutzutage ist allerdings eher Flexibilität gefragt - wer zu sehr auf seinen Prinzipien herumreitet, ist schnell als stur und unbelehrbar verschrien. Erfunden hat diese Redensart wohl Heinrich XXII., Fürst Reuß zu Lobenstein und Ebersdorf (1797-1853), der anno 1845 in einem Erlaß schrieb: »Seit 20 Jahren reite ich auf einem Prinzip herum, das heißt, ich verlange, daß ein jeglicher bei seinem Titel genannt wird«.

PriseDas Wort kommt aus dem Französischen: »Prendre« heißt »nehmen«, eine »Prise« also frei übersetzt das, was man genommen hat. In der Seefahrt meint die »Prise« denn auch die Beute eines Piraten, beim Kochen das, was man zwischen Daumen und Zeigefinger - beispielsweise an Salz - fassen kann. Eine sehr kleine Menge also.

Probieren geht über studierenTesten hat den Vorrang vor jeder Hoch- und Fachschulbildung.

Prokrustesbett...nennen wir heute ein starres Schema, das gewaltsam, zwangsweise auf etwas angewandt, oder eine Zwangslage, in die jemand gewaltsam gebracht wird. Damastes oder Polypemon, der nach griechischer Mythologie bei Eleusis in Attika lebte, war ein Räuber. Den Namen Prokrustes »Strecker« hatte er erhalten, weil er seine Opfer folterte, um sie in ein Bett einzupassen. Waren sie zu groß, hackte er ihnen Gliedmaßen ab oder bearbeitete sie mit dem Hammer, wenn sie zu klein waren, streckte er sie. Er wurde von Theseus überwältigt, der ließ ihm dieselbe Behandlung zuteil werden und paßte ihn in das Bett ein, indem er ihm den Kopf abschlug.

Prosit...rufen wir bei Feiern aus, erheben unser Glas und stoßen mit anderen auf's gegenseitige Wohl an. Diesem Trinkspruch liegt das lateinische »prodesse« zugrunde, was »nützen, zuträglich sein« bedeutet. Konjugiert zu »prosit« - frei übersetzt »es möge bekommen« - nahmen die Studenten des 18./19. Jahrhunderts das Wort gern in ihre Studentensprache auf.

Prost Mahlzeit...sagt man heute ironisch, wenn man eine unangenehme Überraschung erwartet oder gar schon verärgert und enttäuscht ist. Die ursprüngliche Höflichkeitsformel »Prosit Mahlzeit« zu Beginn und Ende des Mittagessens wird in Deutschland seit rund 200 Jahren meist auf »Mahlzeit« verkürzt - das lateinische »prosit« - »Wohl bekomm's« - sagen wir nur noch, wenn wir das Glas erheben.
Daß das »Prost Mahlzeit« heute keine Höflichkeitsfloskel mehr ist, geht wohl auf Studenten zurück, die weiland gern aufs Land zogen, um beim Bauern auf den Ruf »Prosit Mahlzeit« hin zu einem kostenlosen warmen Essen eingeladen zu werden. Wie so oft im Leben haben es einige dabei in ihrem jugendlichen Übermut allzu arg übertrieben - und bald gab es nurmehr eher einen Satz »heißer Ohren« statt heißer Suppe. Wenn die Herren Studiosi alsdann hungrig und verprügelt in die Stadt heimkehrten, gab es Hohn und Spott noch obendrein.

PrügelknabeAn jungen Edelleuten durfte früher die an sich verdiente Prügelstrafe nicht vollzogen werden. An ihrer Stelle mußten arme Kinder, die extra für diesen Zweck gehalten wurden, die Schläge auf sich nehmen. Die eigentlichen Übeltäter mußten dabei zusehen und sollten so ermessen, was eigentlich ihnen zugestanden hätte.

PudelnaßDer Pudel muß oft für Redewendungen herhalten. Im Niederdeutschen heißt »Pudel« ursprünglich »Pfütze« und »pudeln« »im Wasser plantschen«. Der Pudelhund war ein für die Wasserjagd gezüchteter Hund, der »von Berufs wegen« oft klatschnaß wurde.

Pudelwohl...fühlen wir uns umgangssprachlich; wenn wir so richtig »mopsfidel« sind, uns außerordentlich wohlfühlen: Der Pudel liebt das Wasser - er wurde ursprünglich extra zur Entenjagd gezüchtet. Sogar sein Name kommt vom altdeutschen »puddeln« - im Wasser plantschen -, weil er sich so besonders »pudelwohl« fühlt, wenn er »pudelnaß« ist. Da das dichte wollig-krause Fell nur recht schwer trocknet, wurden die Tiere früher oft »pudelnackig« geschoren.

Puderzucker in den Arsch geblasen...bekommt umgangssprachlich jemand, der fernab jeglicher eigentlichen Notwendigkeit über die Maßen bevorzugt, verwöhnt und gelobt wird und dadurch erst gar nicht in Versuchung kommt, über eine adäquate Gegenleistung nachzudenken. Ein Verfahren das heutzutage vor allem bei Politikern gegenüber Großkonzernen äußerst beliebt ist: In der vagen Hoffnung auf eine Handvoll jämmerlich bezahlter Arbeitsplätze sind milliardenschwere Steuerentlastungen mittlerweile eher die Regel, als die Ausnahme. Ursprünglich soll es bei dieser Redewendung einst noch um Pfeffer gegangen sein: Pferdehändler und andere Roßtäuscher - traditionell die »schwarzen Schafe« auf vielen Märkten - sollen früher, damit ein alter Zossen dennoch besonders »feurig« wirke, diesem den Analbereich mit Pfeffer eingerieben haben, sodaß das Tier den Schweif hochhob, wie ein sehr junges, wildes Roß. Eine Technik, mit der unsere Wirtschaftsbosse vermutlich weniger einverstanden wären...

Pünktlich wie die Maurer...meint heute, man sei sehr pünktlich. Das Sprichwort legt die weitverbreitete Ansicht zugrunde, daß Maurer auf die Minute genau die Kelle aus der Hand legen, um Feierabend zu machen. Es wird beispielsweise erzählt, daß ein Maurer, der in den Rhein gefallen war, zu schwimmen aufhörte und ertrank, als die Glocke vom Kirchturm den Feierabend einläutete.

Pünktlichkeit ist der Dieb der ZeitIst die Kurzform einer Textstelle aus »The Picture of Dorian Gray« (1890; Das Bildnis des Dorian Gray) des irischen Schriftstellers Oscar Fingal O'Flahertie Wills Wilde (1854-1900). Eigentlich sagt der zynische Lord Wotton: »Er kam prinzipiell zu spät, weil es einer seiner Grundsätze war, daß Pünktlichkeit die Zeit stehle«. Der Protagonist Dorian Gray, an dem der Autor eigene Wesenszüge karikiert, wird von ihm verführt, sich den sinnlichen Genüssen des Lebens hinzugeben, scheitert aber letztlich an seinem Gewissen.

Pünktlichkeit ist die Höflichkeit der Könige...sagen wir, wenn zu einer Verabredung eine gewisse Toleranzgrenze gegenüber Leuten, die nicht pünktlich sind, überschritten ist. Das »akademische Viertel« gilt gemeinhin als noch akzeptabel, was darüber hinausgeht, wird oft als unhöflich empfunden. »L'exactitude est la Politesse des rois« war ein Ausspruch des französischen Königs Ludwig XVIII. (1755-1824), der damit ausdrückte, daß jemand, der den anderen achtet, nicht zuspätkommt. Heute wird die Wendung gern gebraucht, wenn ein Vorgesetzter auch Untergebene nicht warten läßt.

PumpernickelDer seit dem 17. Jahrhundert gebräuchliche Ausdruck für das typisch deutsche »Schwarzbrot« war ursprünglich ein Schimpfwort für einen bäuerlich ungehobelten Menschen, das etwa mit »Furzheini« übersetzt werden kann: Einige Quellen reden hier von einem »Nickel« (kurz für Nikolaus), der einen »Pumper« (regional im Sauerland für Pups) von sich gibt. Das Brot wurde wahrscheinlich wegen seiner blähenden Wirkung so genannt. Der niederländische Humanist Justus Lipsius (1547-1606) meinte dazu: »Ein armes Volk, das seine eigene Erde essen muß«.
Allerdings ranken sich um den Namen auch diverse Legenden: Nach einer hat das Brot seinen Namen von einem französischen Soldaten - man sagt, gar von Napoléon höchstselbst -, der das Brot von einem deutschen Bäcker angeboten bekam. Seine Meinung war: »Bon pour Nicole« - und er gab es seinem Pferd...

Punsch...leitet sich vom indischen »pansch« für »fünf« ab, wegen der fünf notwendigen Bestandteile: Arrak, Zucker, Zitronensaft, Wasser (oder Tee) und Gewürz. »Pansch« und »fünf« stammen aus der indogermanischen Vorsprache ab, ebenso wie das griechische »penta«, das wir im »Pentagon« Fünfeck wiederfinden. Verwandt ist auch persisch »Pandschab«, das »Fünfstromland« (die »fünf Wasser«).

PustekuchenDieses »von wegen«, das ausdrücken soll, daß man etwas nicht bekommt, was man eigentlich gerne hätte, geht wohl auf den Ausruf »Ich puste auf Kuchen« zurück, wobei »pusten« etwas ausschlagen, »darauf spucken« bedeutet. Kuchen war einst teuer und so für die meisten eigentlich unerschwinglich. Ein Stück Kuchen angeboten zu bekommen und dennoch auszuschlagen, war also der Gipfel der Ablehnung.
Andere meinen, der Begriff stamme aus der jiddischen Redewendung »Ja cochem, aber nicht lamdon«, die - mehr oder weniger freundlich - mit »Zwar gerissen, aber nicht schlau genug« übersetzt werden kann. Im frühen 19. Jahrhundert wurde in Berlin die lautmalerisch abgewandelte Form »Ja Kuchen, nicht London« verwendet, was »Das ist ja Quatsch« meinte und im Laufe der Zeit mit »Puste« für »heiße Luft« kombiniert wurde.
Nach einer weiteren Theorie soll Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) mit diesem Ausdruck seinen Widersacher, den evangelischen Geistlichen und Schriftsteller Johann Friedrich Wilhelm Pustkuchen (1793-1834) mittels eines in Anspielung auf die »Pusteblume« eingefügten Binde-E lächerlich gemacht haben.

PyrrhussiegDieser teuer erkaufte Erfolg, ein Sieg, so verlustreich für den Sieger, daß es kein wirklicher Sieg ist, geht nach dem griechischen Philosophen Plutarch (um 46-120) zurück auf Pyrrhus (318-272 a.C), Hegemon des Bundes von Epirus und König der Molosser: Die 279 a.C gegen die Römer gewonnene Schlacht bei Asculum war mit so hohen Verlusten unter den Soldaten erkauft, daß er ausgerufen haben soll: »Noch einen solchen Sieg und wir sind ganz und gar verloren!«.



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